Lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. So lautet das Urteil im Prozess um den rechtsterroristischen Anschlag von Halle. Stephan Balliet erhält die Höchsstrafe.
Das Oberlandesgericht Naumburg hat den rechtsextremen Attentäter von Halle zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
Die Richter sprachen den 28-jährigen Stephan Balliet in Magdeburg des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in weiteren zahlreichen Fällen schuldig und stellten außerdem die besondere Schwere der Schuld fest.
Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen.
Für den Verteidiger des Attentäters sei das Urteil "nicht wirklich überraschend gewesen". Weiter erklärt er: "Es ist offen, ob wir Revision einlegen. Eine Entscheidung ist insoweit noch nicht getroffen worden." Balliet reagierte mit ausdruckslosem Gesicht auf den Urteilsspruch und begann, sich Notizen zu machen.
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Richterin zum Halle-Attentat: "Feiger Anschlag"
Es sei ein "feiger Anschlag" gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens bei der Urteilsverkündung.
Die Richter gingen davon aus, dass der Attentäter auch Polizeibeamte töten wollte, weil sie den von ihm verhassten Staat repräsentierten, erklärte Mertens.
Die Aussage des Mannes im Prozess, er habe nur flüchten wollen, stufte sie als "unglaubhaft" ein. Ohnehin habe der Angeklagte an vielen Stellen seine Taten und Motive zu relativieren versucht. Der Angeklagte habe die Tat in der Synagoge geplant, alles was danach geschehen sei, sei spontan gewesen.
Mit dem Urteil folgten Mertens und die vier weiteren Richter der Forderung von Bundesanwaltschaft und Nebenklage.
Haseloff: Kein Platz für Antisemtismus und Hass
Sachsens-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff betonte nach dem Urteil, dass es für Antisemitismus und Hass keinen Platz gebe. "Wir haben einen fairen Prozess erlebt", sagte der CDU-Politiker.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den Prozess und das Urteil gegen den Attentäter auf die Synagoge von Halle als wichtiges Zeichen gegen Antisemitismus gewürdigt.
Das Verfahren sollte Vorbild für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in Deutschland sein, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. "Nicht selten erleben wir in der Justiz eine Sehschwäche auf dem rechten Auge", sagte Schuster.
Halle-Attentat: Angriff auf Synagoge
Am 9. Oktober 2019 hatte Balliet versucht, 51 Menschen zu töten, die in der Synagoge von Halle den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur feierten.
Als er es nicht schaffte, in die Synagoge einzudringen, erschoss der 28-Jährige eine zufällig vorbeilaufende Passantin und einen jungen Mann in einem Dönerimbiss.
Auf seiner anschließenden Flucht durch den Saalekreis verletzte er zwei weitere Menschen schwer, bis er schließlich nach einem Unfall festgenommen werden konnte.
Halle-Attentäter übertrug Taten ins Internet
Dass andere Menschen mit dem Leben davon kamen, lag wohl nur daran, das Balliets Sprengsätze ihr Ziel verfehlten und seine Waffen mehrfach Ladehemmungen hatten.
Seine Taten übertrug der 28-Jährige live ins Internet. Er erhoffte sich davon eine große Öffentlichkeit und mögliche Nachahmer. Das Video und auch die von ihm verfassten antisemitischen und rassistischen Schriften waren im Prozess wichtige Beweismittel.
Echte Reue zeigte Balliet nicht. Mertens sagte am Montag, er habe alle Hemmschwellen abgelegt. Mit Blick auf die von ihm erschossene Passantin ergänzte sie, er sei bereit gewesen, jedes Hindernis für die Tat zu beseitigen.
Der 28-jährige Deutsche hatte die Taten gestanden und mit antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Verschwörungstheorien begründet.