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Steinmeier bei Hanau-Gedenkfeier : "Staat hat sein Schutz-Versprechen gebrochen"

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Ein Jahr nach dem rassistischen Anschlag in Hanau hat die Stadt der Opfer gedacht. "Der Staat", so der Bundespräsident, hat "sein Versprechen gebrochen, die Opfer zu schützen.

Ein Jahr nach dem rassistischen Anschlag mit neun Toten in Hanau hat die Stadt am Freitagabend mit einer Gedenkfeier an die Opfer erinnert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wandte sich in seiner Rede direkt an die Hinterbliebenen und räumte Versäumnisse des Staates ein: Der Staat habe "sein Versprechen von Schutz und Sicherheit und Freiheit" gegenüber den Opfern "nicht einhalten können", sagte Steinmeier. Dies bedrücke ihn zutiefst.

Hinterbliebene forderten bei der Veranstaltung eine lückenlose Aufklärung von Behördenversagen. Angesichts dessen zeigte sich der Bundespräsident besorgt über die Gefahr eines Vertrauensverlustes: "Ich weiß: Das berührt Ihr Vertrauen in diesen, in unseren, in Ihren Staat", sagte er.

Das darf uns nicht gleichgültig sein, denn der Staat, die Demokratie braucht Vertrauen.
Bundespräsident Steinemeier in Hanau

Wo es Fehler oder Fehleinschätzungen gegeben habe, "da muss aufgeklärt werden", so der Bundespräsident weiter.

Familien werfen Behörden Fehler vor

Nach Steinmeiers Rede wandten sich Hinterbliebene in kurzen Botschaften auf der Gedenkfeier an die Öffentlichkeit. Sie warfen den Behörden Fehler vor: Sie seien unzureichend über den Tatablauf informiert werden, der Täter hätte am Erwerb einer Waffe gehindert werden müssen, die Polizei hätte dem Täter vor der Tat auf die Spur kommen müssen.

Emis Gürbüz, deren Sohn Sedat ermordet worden war, sagte: "Wir wollen lückenlose Aufklärung. Die Behörden sollen ihre Fehler zugeben." Sie fügte hinzu: "Wir Eltern haben schlaflose Nächte." Der Hinterbliebene Armin Kurtovic verlangte in seiner Ansprache stellvertretend für alle neun betroffenen Familien, "schonungslos vorzugehen" gegen alle, die ihre Amtspflichten verletzt haben. "Es reicht nicht aus zu sagen: Hanau darf sich nicht wiederholen." Kurtovics Sohn Hamza war ebenfalls unter den Opfern.

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Täter hatte zutiefst rassistische Gesinnung

Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher in zwei Bars in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln gezielt getötet. Anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst. Die Bundesanwaltschaft attestierte dem Täter eine zutiefst rassistische Gesinnung. Der Täter sei von "Hass- und Vernichtungsphantasien" geleitet worden, sagte Steinmeier in seiner Rede.

An der Gedenkfeier für den ersten Jahrestag nahmen neben Steinmeier unter anderem Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) teil. Bouffier und Kaminsky verzichteten auf Traueransprachen und verlasen stattdessen lediglich die Namen der Opfer - ihnen und ihren Hinterbliebenen sollte die Veranstaltung in erster Linie gelten.

"Wir werden sie nie vergessen"

"Wir werden sie nie vergessen", sagte Bouffier über die Ermordeten. Auf Anordnung des hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU) wehten am Freitag die Flaggen an allen öffentlichen Gebäuden und Dienststellen im Land auf halbmast, ebenso an Steinmeiers Amtssitzen in Berlin und Bonn. Oberbürgermeister Kaminsky hatte vor der Veranstaltung eine lückenlose Aufklärung gefordert. "Es ist unsere verdammte Pflicht, alles was dieser Staat weiß, auch den Angehörigen zu vermitteln", sagte er im RBB. Aufklärung sei für die Angehörigen der Opfer die einzige Chance, um das Geschehen verarbeiten zu können.

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Die Evangelische Kirche in Deutschland erinnerte an das Leid der Opfer und der Hinterbliebenen. "Wir haben fast schon wieder vergessen, was damals passiert ist", erklärte der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. In Deutschland gebe es offenen und versteckten Rassismus. "Jeder möge sich selbst daraufhin prüfen."

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) sieht die Schutzmaßnahmen weiterhin als nicht ausreichend an. Punktuell seien sie erhöht worden, sie reichten jedoch noch nicht aus, sagte ZMD-Präsident Aiman Mazyek der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Beispielsweise seien in der Tatnacht viele Notanrufe getätigt worden, die von der Polizei nicht angenommen wurden.

Schwere Ausschreitungen rechtsradikaler Jugendlicher gab es vom 22. bis 27.08.1992 vor der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock.

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von Kevin Schubert
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