Die Bundesregierung will die Zuwanderung von Fachkräften per Gesetz erleichtern. 2025 sollen die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt sichtbar sein, plant der Bundesarbeitsminister.
Aus Sicht von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geht es bei den geplanten neuen Regeln für die Zuwanderung von Fachkräften darum, den Wohlstand des Landes zu sichern. "Unser Ziel ist das modernste Einwanderungsrecht in Europa, denn wir konkurrieren mit vielen Ländern um kluge Köpfe und helfende Hände", sagte der Politiker der SPD dem SWR.
Die Bundesregierung will die Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland deutlich erleichtern, um gegen den teils sehr tiefgreifenden Fachkräftemangel vorzugehen.
Dazu verabschiedet das Kabinett an diesem Mittwoch ein Eckpunktepapier. Heil forderte:
Er sprach von einer "gesamtstaatlichen Anstrengung" für Bund, Länder und Kommunen - und auch für die Wirtschaft.
Punktesystem für Drittstaatler
Anerkannte Fachkräfte mit einem gültigen Arbeitsvertrag sollen einfacher als bisher nach Deutschland kommen können. Auf der Basis eines Punktesystems sollen zudem auch Fachkräfte ohne Arbeitsvertrag einreisen dürfen, wenn sie bei bestimmten Auswahlkriterien wie Sprachkenntnissen oder Berufserfahrung besonders gut abschneiden.
Drittstaatsangehörigen "mit gutem Potenzial" soll der Aufenthalt zur Suche eines Arbeitsplatzes ermöglicht werden. "Wir werden auf Grundlage eines transparenten, unbürokratischen Punktesystems eine Chancenkarte zur Arbeitsplatzsuche einführen", heißt es in dem Papier.
Als Auswahlkriterien werden genannt:
Qualifikation
Sprachkenntnisse
Berufserfahrung
Deutschlandbezug
Alter
Nach Deutschland kämen "viele Menschen, die hier im Arbeitsmarkt nicht unterzubringen sind und die, die wir brauchen, wollen nicht kommen", so der CDU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz.30.11.2022 | 8:14 min
Gesetz soll 2023 kommen
Nach den Eckpunkten soll das Bundeskabinett im ersten Quartal 2023 auch die entsprechenden Gesetzentwürfe absegnen. Heil sagte dem SWR:
Zustimmung zum Gesetz aus der Wirtschaft
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann unterstützt die Pläne. "Als Gesellschaft profitieren wir davon, wenn qualifizierte Arbeitskräfte nach Deutschland kommen", sagte er der dpa. Deshalb sei es an der Zeit, das Thema anzupacken.
Auch von der Wirtschaft kommt Zustimmung zu einer leichteren Zuwanderung von Fachkräften. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte aber Nachbesserungen etwa bei der Gehaltsgrenze und der Anwerbung von Auszubildenden aus dem Ausland.
"Hierzu enthält das Eckpunktepapier noch recht wenig. Bei der wachsenden Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze in Deutschland müssen wir noch pragmatischer werden, um verstärkt Auszubildende aus Drittstaaten zu gewinnen", sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks der "Rheinischen Post".
260.000 Zuwanderer jährlich zur Deckung des Bedarfs
Deutschland sei in den kommenden Jahren auf Zuwanderung angewiesen, sagte auch die geschäftsführende Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, Catherina Hinz, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Um den prognostizierten Arbeitskräftebedarf geradeso zu decken, brauche es eine jährliche Zuwanderung von mindestens 260.000 Menschen.
"Da die Hauptherkunftsländer in der EU ähnliche demografische Entwicklungen erleben wie Deutschland, wird die EU-Zuwanderung aller Voraussicht nach zurückgehen", sagte Hinz.
Union äußert sich kritisch
Vorbehalte gegen die Regierungspläne hatte die Union geäußert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, erteilte dem angepeilten Punktesystem eine Absage.
Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte, die Union werde entsprechende Vorschläge vorurteilsfrei prüfen. Das Punktesystem sei aber "wahrscheinlich für andere Länder besser anwendbar als für unseres".
Beschäftigte der Baby-Boomer-Jahrgänge gehen bald in Rente und hinterlassen eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt. Laut einer Studie könnte der Arbeitsmarkt um ein Siebtel schrumpfen.