Einerseits werden auf dem G7-Gipfel die Weltgeschicke verhandelt. Andererseits sind jene, die sie diskutieren, auch nur Menschen. Die Gipfelspitzen auf und neben dem roten Teppich.
Es beginnt am Sonntagmorgen mit Olaf Scholz, der erstmal warten muss. Eigentlich sollte zu ihm jetzt Joe Biden kommen. Nur wo bleibt er denn? Scholz wippt auf den Zehenspitzen und reckt den Kopf, als wollte er von Elmau aus bis runter nach Garmisch-Partenkirchen schauen.
So recht klappt das nicht, weshalb er dann rückwärts geht zum anderen Ende des Balkons. Es sieht aus, als nehme Scholz Anlauf für die Begrüßung des amerikanischen Präsidenten.
Scholz ist nervös. Und so offensichtlich hat man das bislang noch nicht gesehen wie auf dieser Balkon-Bühne. Andererseits: Wer könnte die Nervosität nicht verstehen. Er ist schließlich der Gastgeber der G7. Und es sind ja nicht nur die wirtschaftsstärksten Länder des Westens, die sich hier treffen. Sondern auch ein paar legendäre Groß-Egos, von denen jeder immer und überall im Mittelpunkt stehen will.
Boris Johnson: Über Hitze stöhnen, über Putin witzeln
Boris Johnson zum Beispiel. Man muss gar nicht hinschauen, um zu wissen, dass er da ist, man hört ihn eh sofort. Der britische Premier trägt beim G7-Treffen eine für seine Verhältnisse erstaunlich gezähmte Mähne, dafür dröhnt seine Stimme über das Gipfelgeplauder hinweg wie die omnipräsenten Militärhubschrauber über das Wettersteingebirge.
Johnson stöhnt vor der ersten Sitzung über die Elmauer Sommerhitze. Also Jacketts an oder aus? Anlassen, findet Johnson.
Finden die anderen G7 auch - und schwitzen sich dann durch den Tag. Erst beim Abendessen reicht es ihnen mit der selbstauferlegten Anti-Putin-Härte. Die Jacketts sind weg, die Stimmung bestens.
Am Rande der ersten Gespräche auf dem G7-Gipfel in Elmau haben die Staats- und Regierungschefs über den gern einmal mit nacktem Oberkörper posierenden Präsidenten Putin gescherzt.
Zum See? Durchgang verboten
Es wird viel spaziert auf so einem Gipfel. Der Bilder wegen und weil man halt in den Bergen ist. Brigitte Macron sagt bei einem dieser Spaziergänge zu Scholz und seiner Frau Britta Ernst:
Und Herr Macron sagt: "Wir wollten zum See, aber sie haben uns nicht durchgelassen."
Tröstlich vielleicht zu wissen, dass G7-Gipfel dort ist, wo Normal-Bürger nicht rauf und Normal-Präsidenten nicht runterdürfen.
phoenix plus G7 - Gipfel der Mächtigen schaut zurück auf knapp 50 Jahre Gipfelgeschehen. Dr. Joachim Weber, Historiker und Politikwissenschaftler am CASSIS Institut der Universität Bonn, erläutert die Zusammenhänge.
Trudeaus Moment als Sicherheitsbeamter
Für Journalisten ist so ein Gipfel allein schon deshalb herrlich, weil man endlich Mäuschen spielen kann. Nicht in den Sitzungen, aber zwischendrin. So viele Mikrofone wie da immer mithören. Einmal stehen Macron, Biden und von der Leyen beisammen, und Macron erzählt mit ausladenden Gesten etwas, das man gerne verstehen würde. Da tritt jemand mit besorgter Miene hinzu und ermahnt die Gruppe: "Lasst uns weg von den Medien gehen." Wüsste man nicht, dass es Kanadas Premier Trudeau ist, man würde ihn glatt für einen Sicherheitsbeamten halten.
Trudeau - muss man zu seiner Entschuldigung sagen - weiß, wovon er spricht. Beim Nato-Gipfel in London 2019 wurde belauscht, wie er sich im Small Talk über Donald Trump lustig machte. Riesen-Aufregung danach. Seitdem hat Trudeau offenbar ein Auge für Mikrofone.
Macron als Umarmer, Scholz als Scholz
Die G7 wirken in solchen Momenten wie ein Klassentreffen, in der Macrons Rolle übrigens eindeutig die des Chef-Umarmers ist. Am zweiten Tag will er zum Beispiel Indiens Premier gar nicht mehr loslassen. Händedruck, Hand auf die Schulter. Es nimmt gar kein Ende mehr. Man kann versuchen, sich Scholz in der Rolle des so Herzenden oder Geherzten vorzustellen. Man kann es versuchen, aber es klappt nicht.
Scholz ist halt Scholz, so wie Macron eben Macron ist. Und Biden eine Art Silberrücken der G7, der dem wartenden Scholz am Ende mit unschuldigem Lächeln entgegen stakste. Scholz wirkte in dem Moment sehr erleichtert.
In unserem Liveblog finden Sie aktuelle Nachrichten zum G7-Gipfel. Weitere Hintergründe und Analysen haben wir in einem Schwerpunkt für Sie zusammengestellt:
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