Hongkong hat ein neues Parlament gewählt - erstmals seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung. Noch nie gingen so wenige Menschen an die Wahlurnen.
Bei der ersten Parlamentswahl in Hongkong seit der Niederschlagung der pro-demokratischen Proteste und der Einführung eines umstrittenen Wahlgesetzes sind nur wenige Bewohner an die Urnen gekommen. Kurz vor Schließung der Wahllokale am Sonntagabend lag die Beteiligung bei unter 30 Prozent, wie die Wahlkommission mitteilte.
Hongkong: Größte Oppositionspartei ohne Kandidaten
China hat im Zuge des neuen Wahlgesetzes die Zahl der direkt gewählten Abgeordneten im Legislativrat deutlich reduziert und die Kandidatenauswahl verschärft. Die größte Oppositionspartei stellte keine Kandidaten auf. Angesichts der fehlenden Auswahl seien er und andere nicht wählen gegangen, sagte der Hongkonger Warton Leung.
Ein anderer, Yu Wai Kwan, erklärte hingegen, er sehe die Wahl als Chance, Hongkong zu einem besseren Ort zu machen.
In der Sonderverwaltungszone hatte es 2014 und 2019 große Demonstrationen für mehr Demokratie gegeben, die von Sicherheitskräften niedergeschlagen wurden. Später wurden weitreichende Sicherheitsgesetze erlassen, die oppositionelle Aktivitäten unter Strafe stellen.
Demokratie-Aktivisten wurden zum Schweigen gebracht, andere flohen ins Ausland. Auch das Wahlgesetz wurde geändert. Der Legislativrat ist von 70 auf 90 Abgeordnete vergrößert worden. 40 ihnen stellt das an der Regierung in Peking orientierte Wahlkomitee. Weitere 30 Abgeordnete werden von Unternehmensverbänden bestimmt. Direkt gewählt werden nur noch 20 statt bisher 35 Sitze.
Regierungschefin Lam: Wahl frei und reibungslos
Wahlberechtigt waren etwa 4,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Die Regierung warb um eine rege Teilnahme unter anderem mit kostenlosen Fahrten zum Wahllokal. Regierungschefin Carrie Lam sagte aber, sie habe keine besonderen Erwartungen, was den Andrang an den Urnen angehe. "Die Regierung hat kein Ziel für die Wahlbeteiligung gesetzt", sagte sie in einem Abstimmungslokal. Nach Schließung der Wahllokale erklärte sie, das "verbesserte" Wahlsystem habe funktioniert. Die Wahl sei offen, frei und reibungslos abgelaufen.
Verfassungsminister Erick Tsang warnte, ausländische Kräfte könnten versuchen, die Wahl zu untergraben. Das neue Wahlgesetz sieht für Aufrufe zum Wahlboykott und die Abgabe ungültiger Stimmen bis zu drei Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 200.000 Hongkong-Dollar (rund 22.800 Euro) vor.