FDP-Chef Lindner lehnt vorsorgliche Kredite ab. Grünen Co-Vorsitzende Baerbock erklärte bei "maybrit illner", das jährliche Klimaziel-Monitoring sei in allen Sektoren wichtig.
FDP-Chef Christian Lindner lehnt eine vorsorgliche Kreditaufnahme im Rahmen der noch 2022 geltenden Aussetzung der Schuldenbremse ab. "Wenn man die bestehenden – wegen der Corona-Pandemie eröffneten – Kreditermächtigungen jetzt nutzt, um gewissermaßen einen Vorrat anzulegen für eine neue Koalition, das wäre nicht seriös", sagte Lindner am Donnerstag in der ZDF-Sendung "maybrit illner".
Auf diese Weise die Finanzierung von Klimaschutz- und Transformationsvorhaben zu sichern, würde als Geburtsfehler einer neuen Regierung gebrandmarkt. Eine seriöse Haushaltsplanung sei aber das Anliegen aller drei Parteien, die derzeit über ein Ampel-Bündnis verhandeln.
Baerbock: Brauchen jährliches Monitoring
"Es wird ein Finanztableau geben und auch eine Planung für Investitionen, die aus der Dekarbonisierung der Wirtschaft, der Digitalisierung und der Modernisierung des Staates ein Wachstumsprojekt für unser Land macht."
Die Co-Vorsitzende der Grünen Annalena Baerbock wies Kritik zurück, beim CO2-Monitoring der einzelnen Sektoren im Sondierungspapier hinter das aktuelle Klimaschutzgesetz zurückzufallen und auf eine mehrjährige, sektorenübergreifende Prüfung zu setzen. "Natürlich brauchen wir das jährliche Monitoring", betonte Baerbock.
Röttgen: Deutschland hat "Investitionsbedarf"
Darüber hinaus sei jedoch zusätzlich zum Klimaschutzgesetz eine mittelfristige Emissionsüberprüfung nötig. Im Übrigen stehe im Sondierungspapier klar, dass jeder Sektor seinen Beitrag leisten müsse. Die Regelungen des Klimaschutzgesetzes zu unterschreiten, "wäre ja absurd". Würde man dies tun, könnte man das ganze Sondierungspapier ja "in den Mülleimer werfen", sagte Baerbock.
Für Norbert Röttgen (CDU), MdB, Mitglied CDU-Präsidium, fehlt die Politik im Sondierungspapier. Der CDU-Politiker ist sich sicher: "Egal, wer regiert: Das Regieren in den nächsten Jahren wird hart". Deutschland habe Investitions- und Transformationsbedarf.
Klimaschutz als wirtschaftliches Erfolgsprojekt
Röttgen ist sich sicher, wenn das 1,5 Grad-Ziel geschafft werden soll, es nur mit der internationalen Gemeinschaft funktionieren wird: "Wir werden es nicht alleine schaffen, aber, es kommt auf uns an, dass es ein wirtschaftliches Erfolgsprojekt wird".
Das Mitglied des CDU-Präsidiums betont gleichzeitig die Wertigkeit des Finanzministerium als "das strategisch wichtigste Amt der Bundesregierung". Laut dem emeritierten Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Humboldt-Universität Berlin, Herfried Münkler, sind die Verhandler geschickt gewesen: Man habe den Zwiespalt überbrückt.
Klimakrise eine "Jahrhundertaufgabe"
Er spielte auf die Klimakrise an und erklärte, dass man sich eine Last ins Projekt gelegt habe, die auf mindestens zwei Legislaturperioden ausgelegt sei und "der man jetzt genügen muss". Münkler betonte: "Wenn man über eine Jahrhundertaufgabe spricht, dann muss man auch bereit und in der Lage sein, die Voraussetzungen für deren Bewältigung zu schaffen".
Bislang war die deutsche Politik von einem dominanten Kanzler geprägt. Mit der Ampel ändert sich das, prognostizierte er bereits vor der Wahl: "Mit wem auch immer diese Regierung gebildet wird: Es werden zwei dabei sein, die kein Interesse daran haben, dass der Kanzler zur dominierenden Gestalt der deutschen Politik wird".
Sondierungspapier "riesige Baustelle"
"Dieses Sondierungspapier erweckt den Eindruck, als hätte man da ein gemeinsames Projekt, so wie bei Rot-Grün 1998, als es um die Ablösung von Helmut Kohl ging", erklärte Christiane Hoffmann, Autorin im Hauptstadtbüro des "Spiegel". Schaue man sich die einzelnen Punkte jedoch genauer an, stehe nichts Konkretes darin.
Als "riesige Baustelle" sieht Hoffmann den im Sondierungspapier recht kurz gehaltenen Finanzteil. Die Journalistin resümiert: "Es ist schon sehr auffällig, dass die Punkte, die die FDP machen wollte, in einer großen Klarheit gemacht wurden. Alles, was die Ziele der Grünen angeht, ist sehr viel weicher formuliert".