Die EU-Innenminister diskutieren über die Seenotrettung bei einer Neuauflage der Marinemission "Sophia". Seehofer sagte, Deutschland sei zur Aufnahme der Bootsmigranten bereit.
Es ist eine der großen Themen der EU-Innenministerkonferenz in Zagreb: Die EU-Marinemission "Sophia". Einst war die Mission eingestellt worden, sie scheiterte am Streit über die Verteilung von Flüchtlingen, die von den Schiffen aus dem Mittelmeer gerettet wurden. Jetzt soll die Mission neu aufgelegt werden - die EU-Außenminister hatten das nach der Berliner Libyen-Konferenz beschlossen. Die Mission vor der libyschen Küste soll sich auf die Durchsetzung des UN-Waffenembargos konzentrieren. Aber dabei dürften aber auch in Seenot geratene Migranten gerettet werden.
Deutschland könnte die Migranten aufnehmen
Im nun neu entbrannten Dauerstreitthema der EU, hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) einen auch in seiner Partei umstrittenen Vorstoß gewagt: Deutschland sei bereit, die Hilfe für Bootsmigranten auszuweiten und die Flüchtlinge aufzunehmen, sagte er am Rande des Innenministertreffens. Die vor fünf Monaten getroffene Einigung zur Seenotrettung, könne auch auf eine neue "Sophia"-Mission ausgeweitet werden, sagte Seehofer.
Zumindest mit Blick auf die private Seenotrettung im zentralen Mittelmeer einigte Seehofer sich vor fünf Monaten mit seinen Kollegen aus Frankreich, Italien und Malta auf ein vorläufiges Verfahren. Deutschland nimmt rund ein Viertel der Geretteten auf. Dafür war er vor allem in den Unionsparteien und der AfD kritisiert worden.
Seehofer: "Kein Pendeldienst zwischen Libyen und Italien"
Dabei erreichen Deutschland über Seenotrettung nur verhältnismäßig wenige Menschen: In den vergangenen Monaten kamen nur 401 Migranten, die 2019 im zentralen Mittelmeer gerettet wurden. Darüber hinaus hat die Bundesrepublik die Aufnahme weiterer 249 Bootsmigranten für 2019 zugesagt, wie aus Daten des Innenministeriums hervorgeht. Für 2020 stehen weitere Zusagen aus. Zuletzt beteiligten sich auch Portugal, Luxemburg und Irland regelmäßig.
Mit Blick auf die Ausweitung dieses Verfahrens auf "Sophia" sagte Seehofer: "Für mich ist immer wichtig, dass es um eine akute Seenotrettung geht, um die Rettung von Menschen vor dem Ertrinken. Und dass wir nicht einen Taxidienst oder Pendeldienst zwischen Libyen und Italien bekommen."
Er sei zuversichtlich, dass sich in den kommenden Monaten weitere Länder an der Seenotrettung beteiligten. Grundsätzlich zeigte sich Seehofer offen für einen "Sophia"-Neustart mit Fokus auf die Kontrolle des Waffenembargos gegen Libyen. "Alles, was die Staatengemeinschaft tun kann, um den Frieden zu sichern, ist gut, und deshalb hat es meine Unterstützung."
Die Zukunft der "Sophia"-Mission sei einer der "Knackpunkte" bei der EU-Innenministerkonferenz in Zagreb, sagt ZDF-Korrespondentin Anne Gellinek. Mehr dazu im Video:
Diskussion über griechische Flüchtlingscamps
Seehofer und seine Kollegen berieten auch über die Lage in den Flüchtlingscamps auf den griechischen Ägäis-Inseln. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis forderte am Freitag zusätzliche EU-Mittel zur Bewältigung der Situation. Die Lager auf den griechischen Inseln sind völlig überfüllt. Bereits am Donnerstag hatte die Regierung nach Protesten der Lokalbevölkerung beschlossen, das Migrantenlager von Moria auf der Insel Lesbos sowie vier andere Lager zu schließen. Sie sollen durch Abschiebezentren ersetzt werden.
Seehofer betonte, Griechenland dürfe nicht alleine gelassen werden. Er setze sich auch bei der Frage der unbegleiteten Minderjährigen in den Camps für eine europäische Lösung ein. Seine Schweizer Kollegin Karin Keller-Sutter kündigte indes an, die Schweiz habe zugesichert, "dass wir unbegleitete Minderjährige übernehmen, eine gewisse Anzahl, sofern sie auch eine familiäre Beziehung in die Schweiz haben". In ganz Griechenland harren nach Angaben der EU-Kommission von Ende Dezember 5.276 unbegleitete Minderjährige aus.
Wie es mit der EU-Migrationspolitik weitergeht
Die Seenotrettung und die Lage auf den griechischen Inseln sind nur zwei Aspekte der festgefahrenen Migrationspolitik. Die neue EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen wird voraussichtlich im März einen neuen Vorschlag für die europäische Migrationspolitik vorlegen. Seehofer zufolge könnte es dann schon in der zweiten Jahreshälfte - unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft - zu ersten Beschlüssen kommen.