Der Chef der Europäischen Investitionsbank, Hoyer, fordert, vor Kriegsende mit dem Wiederaufbau der Ukraine zu beginnen. Auch Russland solle dafür zur Verantwortung gezogen werden.
Der Krieg in der Ukraine sei ein Konflikt von globaler Dimension, sagt der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), Werner Hoyer, im Interview mit ZDFheute. Anlässlich der G7-Ukraine-Recovery-Conference in Berlin mahnte er, mit dem Wiederaufbau nicht zu warten, bis der Krieg vorbei ist - und auch Russland würde dafür irgendwann zur Verantwortung gezogen.
ZDFheute: Die Weltbank schätzt den durch den Krieg in der Ukraine verursachten Schaden auf 350 Milliarden Euro. Sie haben in den letzten Monaten immer wieder davor gewarnt, diese Kosten zu unterschätzen. Können Sie bereits jetzt abschätzen, wie viel Geld für den Wiederaufbau der Ukraine benötigt wird?
Werner Hoyer: Bei den 350 Milliarden Euro handelt es sich um eine Schätzung, die auf den Befürchtungen der ukrainischen Behörden beruht, was nötig wäre, um alles zu reparieren, was während des Krieges zerstört worden ist. Da der Krieg noch nicht beendet ist, gibt es noch keine genauen Angaben zu den Gesamtkosten. Was wir jedoch jeden Tag sehen können, ist massive Zerstörung.
Meiner Meinung nach besteht die dringlichste Aufgabe, die wir derzeit bewältigen müssen, darin, die grundlegende Infrastruktur wie Stromversorgung, Heizung und sauberes Wasser so schnell wie möglich wiederherzustellen. Das wird die Wirtschaft am Laufen halten und die massiven Anstrengungen der Ukrainer unterstützen. Wir können nicht warten, bis der Ukraine-Krieg vorbei ist.
Deutschland hat der Ukraine mit internationalen Partnern umfassende Hilfen für den Winter und den Wiederaufbau zugesagt. Wirtschaftsvertreter sicherten der Ukraine ihre Unterstützung zu.
ZDFheute: Wie soll das Geld investiert werden?
Hoyer: Natürlich sind dringende Reparaturen erforderlich. Gleichzeitig werden wir dafür sorgen, dass unsere Unterstützung so weit wie möglich in zukunftsweisende Projekte fließt. Der Wiederaufbau ist ein wichtiges Ziel. Sei es im Hinblick auf künftige wirtschaftliche Erfordernisse, Umweltaspekte oder Aspekte der Regierungsführung.
ZDFheute: Brauchen wir bestimmte Instrumente, zum Beispiel einen Wiederaufbaufonds?
Hoyer: In der derzeitigen Situation war es richtig, sofort und so schnell wie möglich Finanzmittel bereitzustellen. Längerfristig könnte es jedoch richtig sein, eine Art Marshall-Fonds einzurichten, wie es die USA nach dem Zweiten Weltkrieg für Europa getan haben. Denn der Wiederaufbau wird Zeit brauchen, auch wenn der Krieg hoffentlich bald vorbei sein wird. Zwei Dinge sind für einen solchen Fonds wichtig: Erstens muss er international ausgerichtet sein.
Wir müssen also die internationale Gemeinschaft dazu bringen, das Land nach dem Überfall in einem Kampf zu unterstützen, der in vielerlei Hinsicht im Namen unserer Werte und unseres Glaubens geführt wird.
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Die Ukraine muss natürlich das Heft in die Hand nehmen. Und die Europäische Union muss angesichts der Notwendigkeit, die Ukraine auf den Weg zum EU-Beitritt zu bringen, eine herausragende Rolle spielen. Aber es wird uns nur gelingen, die enormen Summen aufzubringen, die benötigt werden, wenn wir auch die internationale Gemeinschaft - und die Gemeinschaft der internationalen Finanzinstitutionen - mit einbeziehen können.
Die Finanzinstitutionen sollten eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, die knappen verfügbaren Mittel zu mobilisieren. Auch hier kann nicht die gesamte Unterstützung in Form von Unterstützung für einzelne Investitionsprojekte erfolgen - aber ein Teil davon sollte es. Die Einbindung des Privatsektors in solche Projekte ist der einzige Weg, um auch nur annähernd die Beträge zu erreichen, die benötigt werden, um die bereits erwähnten enormen Investitionslücken zu schließen.
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ZDFheute: Es wird auch diskutiert, ob Reparationen durch Russland einbezogen werden sollten. Wie könnte man das machen? Und ist das Ihrer Meinung nach überhaupt realistisch?
Hoyer: Russland begeht Kriegsverbrechen. Wir werden das nicht vergessen und die EU wird Russland und seine Komplizen zur Rechenschaft ziehen. Wie und wann das geschehen kann, wissen wir noch nicht. Aber ich habe keine Zweifel daran, dass es geschehen wird. Oberste Priorität ist jetzt, dass wir alles tun, um die Ukrainer zu unterstützen, die für europäische Werte und europäische Sicherheit kämpfen.
Michael Kraus, Manager des Osteuropa-Geschäfts der Baustoffgruppe Fixit, sieht im Wiederaufbau der in Teilen zerstörten Ukraine eine immense Aufgabe.
ZDFheute: Kann die EU einen solchen Wiederaufbau angesichts der vielen Herausforderungen, wie den Folgen der Corona-Pandemie und der Energiekrise, überhaupt bewältigen?
Hoyer: Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eine Unterstützung der Ukraine genau jetzt langfristig die finanzielle Gesamtbelastung verringern wird. Je widerstandsfähiger die ukrainische Wirtschaft heute ist, desto schneller und stärker wird sie sich morgen erholen.
Es ist nicht richtig, eine kontraproduktive Debatte darüber zu führen, ob wir, die Europäer, oder sie, die Ukrainer, investieren sollen. Wir sitzen alle im selben Boot und hoffen, dass wir bald zur selben europäischen Familie gehören werden.
Das Interview führte Brigitte Scholtes.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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