Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Irak wird eine niedrige Beteiligung erwartet: Viele Iraker boykottieren die Abstimmung. Sie glauben nicht an ein demokratisches System.
Unter einem Großaufgebot an Sicherheitskräften hat im Irak die Parlamentswahl begonnen. Nach Angaben der irakischen Militärführung sind am Sonntag mehr als 250.000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Sie sollen verhindern, dass es zu Zwischenfällen kommt.
Insgesamt sind rund 25 Millionen Menschen aufgerufen, die 329 Abgeordneten im Parlament zu bestimmen. Ein Viertel aller Sitze ist für Frauen reserviert. Erste Ergebnisse sollen am Montag vorliegen.
Massenproteste gegen Korruption
Der ölreiche Irak steckt in einer politischen und wirtschaftlichen Krise. Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi hatte die Abstimmung nach Massenprotesten um mehrere Monate vorgezogen. Die Demonstrationen waren im Oktober 2019 ausgebrochen. Sie richteten sich unter anderem gegen die grassierende Korruption und die schlechte Infrastruktur.
Viele Menschen haben sich von der Politik abgewendet und wollen die Wahl boykottieren. Sie glauben nicht, dass das nach der US-Invasion im Jahr 2003 eingeführte demokratische System funktioniert. Mit einer grundlegenden Änderung in der Machtverteilung wird daher nicht gerechnet.
„Niemand glaubt, dass diese Wahlen etwas verändern, es herrscht eine große Perspektivlosigkeit“, so ZDF-Korrespondentin Anne Brühl zu den bevorstehenden Wahlen im Irak.
Als Favorit gilt die von dem Prediger Moktada al-Sadr angeführte schiitische Strömung. Daneben wird mit einem starken Abschneiden des anderen großen schiitischen Blocks gerechnet, der dem Iran nahesteht.
Niedrige Wahlbeteiligung erwartet
Beobachter rechnen aufgrund der Boykottaufrufe mit einer niedrigen Wahlbeteiligung. Bei der Abstimmung im Mai 2018 war sie auf ein Rekordtief von 44,5 Prozent gefallen. Die Wahllokale sollen um 17.00 Uhr MESZ schließen.
Der Irak leidet auch noch unter den Folgen des Krieges gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Extremisten hatten 2014 große Gebiete im Norden und Westen des Landes überrannt. Vor rund vier Jahren erklärte die Regierung den Sieg über den IS. Zellen der Dschihadisten sind aber weiter aktiv und verüben Anschläge.