Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei schlägt beim Kopftuchzwang versöhnlichere Töne an. ZDF-Korrespondent Brase sieht darin aber nicht die Einleitung einer Wende.
Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei sieht "schlecht sitzende Kopftücher" nach eigener Aussage nicht "entgegen von Religion und Revolution".
So wird der Religionsführer des Iran von der Nachrichtenagentur Irna zitiert. Chamenei weiter: "Wir alle haben Schwächen, die wir beheben müssen, und alles, was wir beheben können, wird besser."
Die ehemalige Kaiserin fordert vom Regime des Iran, es solle nicht auf junge Menschen schießen. Sie verliere nicht die Hoffnung, dort gehe gerade eine Revolution los.
Brase: Versuch der Mäßigung
ZDF-Korrespondent Jörg Brase geht davon aus, dass der oberste Religionsführer des Iran mit dieser Aussage versucht, dem Streit die Spitze zu nehmen. Dass er seine eigenen Anhänger damit mäßigen will, indem er betont, dass das unsachgemäße, lockere Tragen des Kopftuchs weder konterrevolutionär sei, noch mangelnde Religiosität anzeige.
Brase erklärt weiter: "Zum anderen heißt es lediglich, dass es nunmehr ein Kavaliersdelikt sein wird, wenn das Kopftuch in den Nacken rutscht. Das Kopftuch an sich aber bleibt Pflicht. Das betont Chamenei auch."
Entwicklung im Iran nicht überraschend
Die islamische Kleiderordnung werde durch diese Aussage lediglich nicht mehr so streng ausgelegt, so Brase. Überraschend sei diese Entwicklung nicht: "Das hatten uns verschiedene Gesprächspartner bereits kurz nach Beginn der Proteste genau so angekündigt."
Mehr als drei Monate dauern die heftigen Demonstrationen gegen das Regime in Teheran bereits an. Freie Berichterstattung wird immer schwieriger. ZDF-Korrespondent Jörg Brase gibt Einblick, wie er und sein Team arbeiten.
Nach der Islamischen Revolution 1979 waren im Iran strenge islamische Kleidungsvorschriften eingeführt worden, die auch kontrolliert werden. Irans politische Führung steht seit Ausbruch der landesweiten Proteste Mitte September unter enormem Druck. Ausgelöst vom Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam stürzte der Iran in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten.
Proteste gegen Mullah-Regime
Die 22-jährige Mahsa Amini war vor mehr als drei Monaten wegen Verstoßes gegen die im Iran geltenden islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden. Ihr Kopftuch war angeblich verrutscht. Die darauffolgenden Proteste, die sich auch gegen das islamische Herrschaftssystem richteten, wurden gewaltsam niedergeschlagen.
Seit mehr als drei Monaten demonstrieren Menschen im Iran gegen das Regime in Teheran. Der Sicherheitsapparat reagiert mit Härte. Auch eine freie Berichterstattung ist schwieriger geworden.
Inzwischen sind immer mehr Frauen in iranischen Metropolen in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zu sehen. Während die sogenannte Sittenpolizei, die auch Amini festgenommen hatte, fast vollständig von den Straßen verschwunden ist, soll der Kopftuchzwang durch andere Methoden - wie etwa Videoüberwachung - verfolgt werden.
Schauspielerin Alidoosti gegen Kaution frei
Unterdessen kam die iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti gegen Kaution frei, wie die Nachrichtenagentur Isna berichtet. Die 38-Jährige war vor drei Wochen festgenommen worden.
Von iranischen Medien veröffentlichte Bilder zeigten Alidoosti nach ihrer Freilassung aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis im Norden Teherans. Darauf ist Alidoosti umringt von Unterstützern und lächelnd mit Blumen in den Händen zu sehen - und mit entblößtem Haar ohne das vorgeschriebene Kopftuch.