Amnesty: Weitere Tote bei Protesten im Iran

    Proteste gegen Regime:Iran: Amnesty meldet viele weitere Tote

    06.10.2022 | 21:00
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    Die Zahl der Todesopfer bei den Protesten im Iran scheint höher als bislang bekannt. Amnesty spricht von einer brutalen Niederschlagung einer Demonstration im Südosten.

    Proteste im Iran am 02.10.2022
    Vor allem Studierende und junge Frauen beteiligen sich an den Protesten im Iran.
    Quelle: epa

    Bei den systemkritischen Protesten im Iran steigt die Zahl der Todesopfer weiter. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International teilte am Donnerstag mit, alleine im Südosten des Landes seien bei der Niederschlagung von Protesten 82 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden, darunter Kinder.
    Ein Großteil sei am vergangenen Freitag ums Leben gekommen: Sicherheitskräfte hätten in der Stadt Sadehan nach dem Freitagsgebet mit scharfer Munition und Tränengas auf Demonstranten, Umstehende und Gläubige geschossen.
    Zuvor hatte Amnesty International bereits landesweit 52 Todesopfer dokumentiert - damit liegt die Gesamtzahl der von der Organisation erfassten Opfer seit Beginn der Proteste im September bei mehr als 130. Die iranische Regierung gibt keine Opferzahlen mehr bekannt und hatte auch von Toten aufseiten der Sicherheitskräfte gesprochen.

    Iran Human Rights: Gezieltes Vorgehen gegen Aktivisten

    Die Organisation Iran Human Rights warf den Behörden unterdessen ein gezieltes Vorgehen gegen Aktivisten vor - mehr als 90 Akteure der Zivilgesellschaft seien unter den mehr als 1.000 Menschen, die seit Beginn der Proteste Mitte September festgenommen wurden. Darunter seien Journalisten, Filmemacher und Frauenrechtsaktivistinnen.
    Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
    Auslöser der Demonstrationen im Iran ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Sie fiel ins Koma und starb am 16. September im Krankenhaus. Die Polizei weist zurück, Gewalt angewendet zu haben.

    Regierung ordnet Untersuchung an

    Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat eine Untersuchung der Zusammenstöße im Südosten angeordnet. Innenminister Ahmad Wahidi werde für "gründliche Ermittlungen" nach Sadehan reisen, teilte die Präsidentschaft in Teheran am Donnerstag auf ihrer Website mit.
    Laut iranischen Staatsmedien waren am vergangenen Freitag in der Hauptstadt der südöstlichen Provinz Sistan-Balutschestan 20 Menschen von "Extremisten" getötet worden, darunter auch sechs Mitglieder der Revolutionsgarden, des bewaffneten ideologischen Arms der Führung in Teheran.

    Proteste ausgelöst durch Vergewaltigung?

    Laut Iran Human Rights seien die Proteste in Sadehan durch Berichte entfacht worden, wonach ein Polizeichef in der Hafenstadt Tschabahar ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigt haben soll, das der in der Provinz lebenden sunnitischen Minderheit angehört und sich aus unbekannten Gründen in Polizeigewahrsam befand.
    Sistan-Balutschestan an der Grenze zu Pakistan ist eine der ärmsten Regionen des Iran. Dort ist die Minderheit der Belutschen beheimatet, die größtenteils der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam anhängen, während der Iran schiitisch dominiert ist.
    Die iranische Führung hat als Reaktion auf die Proteste das Internet stark eingeschränkt und weiter ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten angekündigt.

    "Desaströse Menschenrechtslage"
    :Faeser fordert Abschiebestopp in den Iran

    Bundesinnenministerin Faeser hat einen bundesweiten Abschiebestopp in den Iran gefordert. Das sei in der "aktuellen desaströsen Menschenrechtslage nicht verantwortbar".
    Nancy Faeser am 21.09.2022 in Berlin
    Quelle: dpa

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