Steht Iran vor dem Machtwechsel? Der Kandidat der Hardliner könnte das Rennen machen. Doch viele Wähler sind frustriert und wahlmüde. Und kritisieren die Auswahl der Bewerber.
"Vor vier Jahren habe ich einen Fehler gemacht," sagt Ali Akbari und schwenkt stolz seine Wahlzettel im Wahllokal in der Hosseinie-Ershad-Moschee in Teheran. "Damals habe ich Präsident Rohani gewählt. Diesen Fehler will ich diesmal korrigieren."
Wählte er damals den Reformkandidaten Rohani, kann man nun vermuten, dass er diesmal dem großen Favoriten seine Stimme gegeben hat - dem religiös-konservativen Kandidaten Ebrahim Raisi, amtierender Justizminister und Günstling des obersten Religionsführers Ayatollah Khamenei.
Kritik an Wahlverfahren: Viele im Iran verweigern ihre Stimmabgabe
Es sei oberste Bürgerpflicht, zur Wahl zu gehen, meint auch die Zahra, ihren kleinen Sohn auf dem Arm. Sie hoffe, dass der Wahlsieger seine Versprechen halte und das Land wieder nach vorne bringe. So viel Optimismus wie sie haben längst nicht alle im Iran.
Das sagt die 29-jährige Reina Ghoroghchian. Und wie sie denken sehr viele in Iran. Mehr als vor anderen Wahlen äußern sich heute Iranerinnen und Iraner offen und sehr kritisch über diesen Wahlgang und kündigen an, den Bewerbern um das Amt des Präsidenten ihre Stimme zu verweigern.
Eindringliche Wahlaufrufe von der konservativen Führung des Landes
Auch das staatliche Umfrageinstitut vermeldete, dass mit einer Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent zu rechnen sei. Für die religiös-konservative Führung Irans wäre das ein Problem, zog sie ihre Legitimation doch bislang aus einer großen Zustimmung des Volkes.
Entsprechend eindringlich sind die Aufrufe an die Wählerinnen und Wähler, ihre Stimmen abzugeben. Auch Ayatollah Khamenei forderte die Menschen dazu auf, als er am Morgen seine Stimme abgab:
Khamenei macht vor allem die iranische Auslandsopposition und "feindliche Mächte im Westen" für Kampagnen verantwortlich, die Irans Wahlvolk zum Boykott aufrufen.
Hunderte Bewerber bereits im Vorfeld abgelehnt
Und selbst der noch-amtierende Präsident Hassan Rohani rief an der Urne dazu auf, wählen zu gehen: "Geht zu den Wahllokalen und wählt euren bevorzugten Kandidaten", meinte Rohani am Freitagmorgen.
Doch zum einen ist die Enttäuschung im Land über die letzten vier Jahre seiner Regierung groß, zum anderen stieß das Auswahlverfahren der Bewerber viele vor den Kopf. Der Wächterrat, ein zwölfköpfiges Gremium, zur Hälfte besetzt durch Religionsführer Khamenei, hatte Hunderte Anträge abgelehnt, darunter auch 40 weibliche Bewerber. Übrig blieben sieben Kandidaten, von denen wohl keiner Raisi wirklich gefährlich werden kann.
- Hardliner hat Chancen auf Wahlsieg
Der Kleriker Raeissi hat gute Aussichten auf das Präsidentenamt in Iran. Er gilt als Kritiker des Atomabkommens. Viele Iranerinnen und Iraner fürchten eine Isolierung des Landes.