Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa untersucht Kriegsverbrechen. Im heute journal erklärt sie, wie schwierig das während eines laufenden Kriegs ist.
Sehen Sie das ganze Interview oben im Video oder lesen es hier in Auszügen:
Die ukrainischen Behörden haben bereits Tausende Verfahren wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verstöße gegen das Kriegsrecht eingeleitet. Darunter: Beschuss von zivilen Zielen in der Ukraine wie Krankenhäusern oder Schulen, Folter, Vergewaltigungen, Deportationen. Die Behörden hoffen, dass sie die Täter eines Tages vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag stellen können.
Federführend bei den Ermittlungen ist die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa. Sie hatte am Dienstag zusammen mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock Butscha besucht, den Vorort von Kiew, der zum Sinnbild für die Gräuel des Krieges geworden ist. Im heute journal erklärt sie, unter welch schwierigen Bedingungen sie mit ihrem Team während des andauernden Kriegs arbeitet.
Das sagte Wenediktowa darüber, ...
... wie viele Ukrainer und Ukrainerinnen nach Russland verschleppt wurden:
"Wir sehen verschiedene Zahlen von den zwangsverschleppten Personen. Aus verschiedenen offenen Quellen bekommen wir diese Informationen, jedoch sind wir sehr vorsichtig, wenn es um Zahlen geht. (...). Für uns ist wichtig, dass wir jeden Menschen benennen können, alle Umstände wissen und beweisen können, dass der Mensch zwangsverschleppt wurde. Wenn wir über die Deportation von Kindern sprechen und das beweisen, dann ist es schon eine andere Qualität.
Im Moment haben wir keinen Kontakt zu den Menschen, die sich in der Russischen Föderation aufhalten. Wir sind im Gespräch mit internationalen Organisationen, mit Zivilorganisationen, die breite Netzwerke haben und Menschenrechte schützen, sprechen mit denen, damit sie uns unterstützen, beim Sammeln und Sichern von Beweisen."
... wie schwierig die Arbeit unter Kriegsbedingungen ist:
"Selbstverständlich ist es schwer für uns, zu arbeiten. Wir haben zu bestimmten Gebieten überhaupt keinen Zugang. Wenn wir zum Beispiel über die Gebiete Donezk sprechen, über die tragisch bekannte Stadt Mariupol. Da gibt es eine unmögliche Anzahl an Kriegsverbrechen, die Verschleppung von Zivilisten und getötete Kinder.
Wir können dort nicht ermitteln, weil wir keinen Zugang zu dieser Stadt haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir nicht ermitteln. Wir ermitteln und tun alles, was von uns abhängig ist, um Beweise zu sichern. Denn Beweissicherung ist heute unsere wichtigste Aufgabe."
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... welche Konsequenzen sie für die Verursacher des Leids fordert:
"Meine Aufgabe besteht darin, alles zu tun, um Verbrechen zu stoppen. Und die Menschen, die schuldig sind, auf die gesetzliche Art und Weise zur Verantwortung heranzuziehen und alles zu tun, dass sich solche Verbrechen in der zivilisierten Welt nie wiederholen.
Wir ukrainischen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen machen alles, damit die Menschen, die an der Aggression die Schuld tragen, die höhere politische Macht in der Russischen Föderation haben, vor dem Gesetz zur Verantwortung gezogen werden.
Menschen, die Kriegsverbrechen begehen und Völkermord begehen, die müssen ebenso zur Verantwortung gezogen werden.
Wir arbeiten schon seit 77 Tagen unter diesen unmenschlichen Bedingungen."
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