Die Bundesregierung holt offenbar erstmals mehrere gefangene deutsche IS-Mitglieder aus Nordsyrien zurück. Es sollen drei Frauen, deren Kinder sowie mehrere Waisenkinder sein.
Die Bundesregierung holt Berichten zufolge an diesem Wochenende gefangene deutsche IS-Mitglieder aus Nordsyrien zurück nach Deutschland. Es handele sich um drei Frauen mit ihren Kindern und mehrere Waisenkinder, berichtete die "Bild"-Zeitung. Alle seien bisher in Lagern in den von kurdischen Sicherheitskräften kontrollierten Gebieten Nordsyriens interniert gewesen, wo Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) inhaftiert sind. Laut "Spiegel" wird in Karlsruhe, Hamburg und Düsseldorf gegen die Frauen ermittelt.
Wie die "Bild"-Zeitung berichtete, hat das Auswärtige Amt für den Rücktransport ein Flugzeug gechartert. Der Flug werde von Bundespolizisten begleitet, hieß es ohne nähere Quellenangabe. Bei den drei Erwachsenen handelt es sich demnach um die 21-jährige Leonora M. aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt, die 24-jährige Merve A. aus Hamburg sowie um Yasmin A. aus Bonn.
Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Nach Recherchen des SWR geht es um drei Frauen im Alter zwischen 21 und 38 Jahren sowie um zwölf Kinder. Diese seien am Samstag im nordsyrischen Kamischli von Vertretern der kurdischen Selbstverwaltung an eine Delegation des Auswärtigen Amts übergeben worden. Der Sender berief sich auf kurdische Angaben. Auch der Name Leonora M. wurde demnach bestätigt.
Leonora M. war demzufolge im März 2015 als 15-Jährige ausgereist. In der IS-Hochburg Rakka wurde sie demnach zur Drittfrau von Martin L., der als einer von wenigen Deutschen dem IS-Geheimdienst angehörte. Gegen sie führt demnach der Generalbundesanwalt in Karlsruhe ein Ermittlungsverfahren. Ihr wird demnach Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.
Verdacht: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung
Gegen Merve A. ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wie eine Behördensprecherin dem "Spiegel" bestätigte. Sie bleibt nach ihrer Rückkehr nach Deutschland demnach aber vorerst aber auf freiem Fuß, weil derzeit kein Haftbefehl gegen sie vorliegt. Merve A. war dem Bericht zufolge Ende 2014 als 18-Jährige ihrem Freund nach Syrien nachgereist, der dort später als IS-Kämpfer ums Leben kam.
Gegen Yasmin A. aus Nordrhein-Westfalen ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wie ein Behördensprecher dem "Spiegel" bestätigte. Sie soll im Sommer 2015 zum IS in Syrien ausgereist sein.
Rückführung wurde wegen Corona verschoben
Die Bundesregierung hatte lange eine direkte Rückführung gefangener Deutscher unter Verweis auf die politische Lage in Syrien abgelehnt. Die aktuelle Rückführung war den Berichten zufolge schon lange geplant gewesen, habe sich aber wegen der Corona-Pandemie und Verhandlungen mit der kurdischen Seite verzögert.