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Regierung in Israel vor dem Ende : Der Sturz der Hoffnungsträger

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Die israelische Regierungskoalition hat nur rund ein Jahr lang gehalten. Das gespaltene Land steht vor der nächsten Zerreißprobe.

Israel, Jerusalem: Naftali Bennett (l), Ministerpräsident von Israel, spricht während einer gemeinsamen Erklärung mit Jair Lapid, Außenminister von Israel, in der Knesset.
Ihre Regierung ist gescheitert: Naftali Bennett (l.), Ministerpräsident von Israel, und Außenminister Jair Lapid.
Quelle: JINI/XinHua/dpa

Vor ziemlich genau einem Jahr trat die wohl unwahrscheinlichste und eigentlich unmöglichste Regierung in der Geschichte Israels ihr Amt an. Sie hatte sich selbst den Namen "Regierung der Einheit und des Wechsels" gegeben. Jetzt ist sie selbst schon wieder Geschichte - und das Land von Einheit weiter entfernt denn je.

Israel: Koalition mit extremer Spreizung

Schon bei ihrem Antritt war der Koalition aus acht höchst unterschiedlichen Partnern keine lange Laufzeit vorausgesagt worden. Zu extrem die Spreizung zwischen dem linken und dem rechts- bis nationalkonservativen Lager, dazu noch erstmals der historische Eintritt einer islamisch-arabischen Partei in die Regierung. Sie alle verband eigentlich nur ein einziges Interesse: Benjamin Netanjahu ablösen, den Populisten, der das Land polarisiert und gespalten hatte und die meisten politischen Partner mit gebrochenen Versprechen verprellt hatte.

Das gelang zunächst, weil alle Mitglieder dieser bunten Truppe aus der Not eine Tugend machten. Regiert wurde nach dem Motto: "Entschieden wird nur über Themen, die Konsens sind. Alles andere klammern wir aus." Dass das nicht ewig gutgehen konnte, war klar.

Differenzen zu Siedlungspolitik und Ostjerusalem verdrängt

Zunächst konnte jede Partei mit diversen Projekten ihre jeweilige Klientel bedienen. Insbesondere Mansour Abbas von der islamisch-arabischen Ra'am-Partei handelte milliardenschwere Infrastrukturspritzen für die Problemzonen der Minderheit der arabischen Israelis aus. Ein Fünftel der Bevölkerung, das sich bis heute als Bürger zweiter Klasse fühlt.

Doch schon bald traten die verdrängten Differenzen in den Vordergrund. Die Siedlungspolitik im Westjordanland, der Streit um Ostjerusalem. Dazu kam eine Welle von Terroranschlägen in Israel, von denen sich Mansour Abbas glaubwürdig distanzierte und dennoch von Netanjahu als Terrorunterstützer diffamiert wurde.

Mehrheit in Knesset verloren

Immer mehr in ihrer Eitelkeit verletzte Koalitionsabgeordnete wendeten sich ab, schon vor zwei Monaten hatten Premierminister Naftali Bennet und Außenminister Jair Lapid ihre Mehrheit in der Knesset verloren. Als ein Gesetz zur Sicherung des Rechtsstatus der Siedler im Westjordanland keine Mehrheit fand - die Opposition unter Netanjahu verweigerte jede Unterstützung, obwohl 100 Prozent dafür - war das Ende gekommen. Die Regierung leitet nun selbst Neuwahlen ein. Lapid wird, wie im Koalitionsvertag für diesen Fall festgelegt, für den Übergang neuer Premierminister.

Mauer zwischen Israelis und Palästinensern auf neuer Autobahn

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Was bleibt? Der gescheiterte Versuch, mit einem Experiment den Riss durch die extrem heterogene israelische Gesellschaft zu heilen. Zwar gelangen einige Erfolge. Die letzten beiden Corona-Wellen wurden ohne Lockdown bei weitgehend erfolgreichem Impfschutz der alten und schwachen Menschen abgefedert. Die Wirtschaft boomte - sie wuchs im letzten Jahr um acht Prozent. Und die gesellschaftliche Teilhabe der arabischen Israelis kam einen Riesenschritt voran.

Bewegung im Nahost-Konflikt - eine vertane Chance

Das alles sahen aber immer weniger Israelis so. In Umfragen schwand die Mehrheit für die Regierung, während Netanjahus nationalkonservativer Likud und seine potenziellen Partner von den rechtsextremen religiös-nationalen Zionisten erstarkten. Eine Regierungsmehrheit bringt aber auch das Netanjahu-Lager nicht zustande. 70 Prozent der Israelis wollen keine arabische Partei mehr in der Regierung sehen, interessanterweise auch eine Mehrheit der arabischen Israelis selbst nicht.

Der Beginn einer Aussöhnung innerhalb der israelischen Gesellschaft hätte Modellcharakter für eine Annäherung im großen Nahost-Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern entwickeln können. Das Scheitern ist mehr als nur eine weitere vertane Chance. Die bittere Wahrheit ist: Das Land ist noch immer nicht bereit dafür.

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