"Gefahr für Demokratie": Kritik an neuer Israel-Regierung

    Kritik an Netanjahu-Bündnis:Israel-Koalition: Gefahr für die Demokratie?

    |

    Nach der gelungenen Regierungsbildung in Israel hat die Generalstaatsanwältin vor dem ultrarechten und -orthodoxen Netanjahu-Bündnis gewarnt. Es sei eine Gefahr für die Demokratie.

    Erstmals in der Geschichte Israels werden drei rechtsextreme Parteien an der neuen Regierung des Landes beteiligt sein. Er sei "imstande gewesen, eine Regierung zu bilden", teilte der designierte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am späten Mittwochabend dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog mit.
    Die von ihm gebildete Regierung werde "im Interesse aller Israelis" handeln, versicherte Netanjahu. Die Generalstaatsanwältin des Landes warnte jedoch angesichts der Koalitionspläne zur Schwächung der Justiz vor einer "Gefahr für die Demokratie".

    Netanjahu-Bündnis mit ultrarechten und -orthodoxen Partnern

    Nach dem Sieg seiner konservativen Likud-Partei bei der Parlamentswahl am 1. November hatte sich Netanjahu die Unterstützung dreier ultrarechter sowie zweier ultraorthodoxer Parteien gesichert, mit denen er nun die am weitesten rechts stehende Regierung bildet, die Israel je hatte. Allerdings gestalteten sich die Koalitionsgespräche vor allem wegen der Verteilung der Kabinettsposten schwierig.
    Vor einer Vereidigung der neuen Regierung ist noch eine Gesetzesänderung geplant, die es Arie Deri, Chef der ultraorthodoxen Schass-Partei und nach Medienberichten designierter Innen- und Gesundheitsminister, ermöglichen würde, trotz einer Verurteilung wegen Steuervergehen Innenminister zu werden.

    Generalstaatsanwältin warnt vor Gefahr für Demokratie

    Hinzu kommen geplante Neuregelungen, die dem möglichen Sicherheitsministers Itamar Ben Gvir,  Chef der ultrarechten Partei Jüdische Kraft, die Befehlsgewalt über die Grenzpolizei auch im Westjordanland und Ost-Jerusalem geben würde. Ihm wurde wiederholt vorgeworfen, dass er Spannungen mit den Palästinensern anheize.
    Die israelische Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara verurteilte die geplanten Gesetzesreformen der künftigen Regierung scharf. Das von der Regierung angestrebte Vorhaben gefährde das demokratische System im Land. Ohne eine unabhängige Justiz wäre Israel "eine Demokratie nur dem Namen nach, aber nicht im Wesen", warnte sie. Ihr zufolge wird die "Politisierung der Sicherheitskräfte den grundlegendsten Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit einen schweren Schlag versetzen".

    Koalitionsbildung gelingt kurz vor Fristende

    Netanjahu war es am Mittwochabend quasi in letzter Minute gelungen, eine neue Regierung mit seinen ultrarechten und strengreligiösen Bündnispartnern zu bilden. Präsident Herzog hatte zuvor eine Frist für die Regierungsbildung gesetzt, die um Mitternacht ausgelaufen wäre.
    Auf Twitter verkündete der frühere und nunmehr auch künftige Ministerpräsident Netanjahu nur wenige Minuten vor Ablauf der Mitternachtsfrist: "Ich hab's." Herzogs Büro bestätigte seinerseits der Nachrichtenagentur AFP, dass Netanjahu den Präsidenten angerufen habe, um ihm die erfolgreiche Regierungsbildung mitzuteilen.

    Neue Israel-Regierung mit knapper Parlamentsmehrheit

    Die rechtsgerichtete Likud-Partei und ihre Bündnispartner kommen zusammen auf 64 der 120 Sitze im Parlament. Netanjahu steht selbst wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht, die er aber zurückweist. Der Urnengang am 1. November war die fünfte Parlamentswahl in Israel in weniger als vier Jahren.
    Das breite Acht-Parteien-Bündnis des bisherigen Regierungschefs Jair Lapid, dem erstmals in der Geschichte des Landes auch eine arabisch geführte Partei angehörte, war im Juni nach einjähriger Regierungszeit zerbrochen.
    Quelle: Guillaume Lavallée, AFP

    Mehr zur Regierungsbildung in Israel