Israels Ministerpräsident Netanjahu und Oppositionschef Gantz machen seit Tagen Hoffnung auf eine Koalition - bislang ohne Ergebnis. Netanjahu ist dennoch politisch im Aufwind.
Wieder haben Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein politischer Gegenspieler Benny Gantz eine Frist zur Bildung einer großen Koalition von Blau-Weiß und Likud verstreichen lassen. Auch nach 16 Monaten mit Übergangsregierung gibt es in Israel damit weiterhin keine stabile Regierung.
Stabile Regierung in der Corona-Krise nötig
Allen Bekenntnissen auf eine baldige Notlösung zum Wohle des Landes imitten der Corona-Krise folgte Ernüchterung. Aus dem Präsidialamt verlautete, die beiden Politiker hätten auch nach Verstreichen einer neuen Fristverlängerung durch den israelischen Präsidenten Reuven Rivlin keine Einigung erzielt.
-
Coronavirus in Jerusalem
In Israel wurden wegen des Coronavirus strenge Ausgangsbeschränkungen erlassen. Kirchen, Moscheen und Synagogen sind geschlossen.
Die längste politische Krise Israels
Damit setzt sich die bisher längste politische Krise in Israel inmitten der Corona-Pandemie fort. Die Wahrscheinlichkeit auf die vierte Wahl innerhalb eines Jahres ist wieder gestiegen.
Nun soll das Mandat zur Regierungsbildung an das Parlament gehen. Damit kann jeder Abgeordnete - auch Gantz und Netanjahu - versuchen, binnen 21 Tagen die Unterstützung von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier zu finden.
Vierte Wahl innerhalb eines Jahres möglich
Danach bleiben noch einmal zwei Wochen Zeit, eine Koalition zu schmieden. Scheitert dies, muss Israel zum vierten Mal seit April 2019 wählen. Auch bei der letzten Wahl am 2. März gab es keinen klaren Sieger, aber Gantz erhielt wegen mehr Empfehlungen von Abgeordneten den Auftrag zur Regierungsbildung.
Er strebt trotz anderslautender Wahlversprechen vor dem Hintergrund der Corona-Krise nun doch eine große Koalition mit Netanjahu an, obwohl dieser wegen Korruption in drei Fällen angeklagt ist.
Netanjahu habe sein Ziel erreicht, sagte ZDF-Korrespondentin Nicola Albrecht schon im März:
In Israel sieht alles nach einer großen Koalition aus. Ministerpräsident Netanjahu soll im Amt bleiben und hat damit sein Ziel erreicht, sagt ZDF-Korrespondentin Nicola Albrecht.
Prozessbeginn gegen Netanjahu am 24. Mai
Der seit 14 Jahren in Israel regierende Netanjahu steht wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue unter Anklage. Er streitet alle Vorwürfe ab und sieht sich als Opfer der Staatsanwaltschaft und der Medien.
Der Korruptionsprozess gegen ihn hätte eigentlich Mitte März beginnen sollen, wurde aber wegen der Coronavirus-Pandemie um zwei Monate auf den 24. Mai verschoben.
Sehen Sie hier einen Beitrag zu Israel:
Israel und Palästina: biblische Orte, historische Stätten und ein immerwährender Konflikt. Aber auch die Sehnsucht der Menschen nach Normalität, Identität und Glück.
Gantz verliert an Zustimmung in den eigenen Reihen
Aus Protest gegen die Kompromissbereitschaft von Gantz angesichts der Corona-Krise hat sich ein Teil seines Bündnisses von Blau-Weiß abgespalten. Es scheint, Netanjahu nutzt das politische Chaos derzeit mehr als seinem Widersacher.
Israels Fernsehsender Channel 12 verkündete ein Umfrageergebnis, wonach Netanjahus Likud-Partei bei Neuwahlen vier Sitze hinzugewinnen und auf 40 Mandate kommen würde. Gantz und seine Blau-Weiß-Partei erhielten nur 19 Sitze.
Likud-Partei von Netanjahu punktet in Umfragen
In der gleichen Umfrage gaben 64 Prozent der Israelis an, mit der Corona-Krisenpolitik von Ministerpräsident Netanjahu zufrieden zu sein. Irsrael verzeichnet 12.500 Infizierte und mindestens 130 Todesfälle aufgrund von Covid-19. Die Arbeitslosenquote ist auf über 25 Prozent gestiegen.
-
Wie die Welt gegen das Coronavirus kämpft
Verschärfte Maßnahmen, Impfungen in vielen Ländern, milliardenschwere Wirtschaftshilfen - verfolgen Sie alle Entwicklungen zu Corona in Deutschland und weltweit hier im Blog.