Die letzten Sondierungsgespräche der Regierung Conte sind gescheitert. Staatschef Mattarella hat nun Ex-EZB-Chef Draghi mit der Regierungsbildung beauftragt.
Der italienische Präsident Sergio Mattarella hat den früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi mit der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit beauftragt. Draghi habe eine mögliche Zustimmung signalisiert, sagte ein Sprecher des Quirinalspalastes.
Mattarella hofft, dass eine von Draghi geführte Regierung aus Experten die notwendige Unterstützung der Parteien gewinnt, um das Land aus der Corona- und der Wirtschaftskrise zu führen. Gelingt dies nicht, bliebe als Alternative eine Neuwahl spätestens im Juni.
Die will Mattarella allerdings mitten in der Krise vermeiden.
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Draghi war seit einiger Zeit im Gespräch als Chef einer Expertenregierung in Italien. Mattarella hatte am Dienstag in Rom verkündet:
Die kommenden Monate seien entscheidend. "Dies bedarf einer Regierung in voller Funktionsfähigkeit", hatte er betont.
Mattarella: Für Wahlkampf keine Zeit
Mattarella sah nach dem Scheitern der Gespräche am Dienstag nach eigenen Worten zwei Auswege vor sich: vorgezogene Wahlen oder sofort eine neue Regierung ins Leben zu rufen.
Er entschied sich für Letzteres, und zwar in Form einer Regierung von Nicht-Politikern. Denn Wahlen brächten einen monatelangen Wahlkampf samt Regierungsbildungszeit mit sich; dafür fehle Italien jedoch die Zeit.
Italien muss laut dem 79-jährigen einen Plan für die Verwendung milliardenschwerer Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds bis April bei der EU-Kommission vorlegen. Außerdem steckt das Land mitten in der Corona-Pandemie, die es in eine Wirtschaftskrise stürzen ließ und gravierende Probleme im Gesundheitssektor verstärkte.
Eine "Einheitsregierung" soll die Probleme Italiens lösen
Vor seiner Ansprache hatte der Staatschef den Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Roberto Fico, damit beauftragt, über das vergangene Wochenende eine mögliche neue Mehrheit der Parteien des bisherigen Mitte-Links-Bündnisses von Premier Giuseppe Conte auszuloten.
Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die Sozialdemokraten, die linke Partei Liberi e Uguali und die Partei Italia Viva von Ex-Premier Matteo Renzi wurden sich jedoch nicht einig.
Streit über EU-Hilfsgelder beendete Koalition unter Conte
So begann kurz nach dem Ende der Konsultationen bereits die Schlammschlacht der Parteien: Die Fünf-Sterne-Bewegung beschuldigte Renzi, es nur auf wichtige Ministerposten abgesehen zu haben.
Umgekehrt warf die Italia Viva den Sterne-Politikern vor, sich keinen Schritt bei gewissen Streitthemen bewegt zu haben. Eine Neuauflage der Koalition unter Conte war mit dem Votum Mattarellas vom Tisch.
Conte hatte seinen Rücktritt am vergangenen Dienstag eingereicht, nachdem Renzis Italia Viva Mitte Januar im Streit um die Verwendung wichtiger EU-Hilfsgelder die Koalition verlassen hatte und die Regierung damit in eine Krise stürzte.