Nach dem Rücktritt von Shinzo Abe brauchte Japan einen neuen Regierungschef. Der ist nun gewählt.
Japans Parlament hat den 71 Jahre alten Yoshihide Suga zum neuen Regierungschef gewählt. Er tritt die Nachfolge von Shinzo Abe an. Dieser trat nach einer Rekordamtszeit von fast acht Jahren aus gesundheitlichen Gründen zurück.
Suga, der all die Jahre Abes rechte Hand war und ihm als Kabinettssekretär und Regierungssprecher diente, ist der älteste Regierungschef Japans seit rund drei Jahrzehnten. Er will noch heute sein Kabinett vorstellen. Diesem werden viele Minister angehören, die schon unter Abe dabei waren.
Suga auf Abe-Linie
Suga will Abes Wirtschaftspolitik aus monetärer Lockerung, schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen und Reformen fortsetzen, um die Coronakrise zu meistern und die Wirtschaft produktiver zu machen. Bereits am Montag hatte die Regierungspartei LDP, die im Parlament die Mehrheit hat, Suga zum neuen Parteichef gemacht.
Suga, der das Image eines "self made"-Mannes pflegt und dessen Motto "Wo ein Wille ist, ist ein Weg" lautet, steht vor einer Reihe großer Herausforderungen. Die Nummer drei der Weltwirtschaft, die Abe mit seiner "Abenomics" genannten Wirtschaftspolitik aus der Stagnation holen wollte, ist im Zuge der Coronakrise in eine Rezession gerutscht.
Außenpolitische Herausforderungen
Die versprochenen großen Strukturreformen blieben unter Abe nach Meinung von Beobachtern zwar aus. Zugleich aber gab es mehrere kleinere Reformen, für deren Ausarbeitung und schwierigen Umsetzung Suga zuständig war: Vom Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union über eine Reform des Sozialversicherungssystems, der Wiederbeschäftigung von älteren Bürgern bis hin zu einer Agrarreform.
Auch außenpolitisch sieht sich Suga, der bisher kaum ins Ausland gereist ist, vor einer Reihe großer Herausforderungen. Dazu zählen das Machtstreben des Nachbarn China in der Region, die Bedrohung durch Nordkoreas Raketen- und Atomprogramm und die schwer belasteten Beziehungen zu Südkorea. Auch mit Russland liegt Japan seit Jahrzehnten im Streit um die Kurilen-Inseln im Pazifik. Zudem muss er ein gutes Verhältnis zum Gewinner der US-Präsidentenwahl aufbauen.
Japans Exporte erholen sich zwar weiter vom Einbruch infolge der Corona-Krise, liegen aber noch deutlich unter den Werten des Vorjahres. Im August seien sie im Vergleich zum Vorjahr um 14,8 Prozent auf 5,2 Billionen Yen (42 Milliarden Euro) gefallen, teilte das japanische Finanzministerium in Tokio mit. Dies ist der geringste Rückgang seit März und zudem etwas weniger als Experten erwartet hatten. Den stärksten Rückgang hatte es im Mai gegeben - damals waren die Ausfuhren um 28 Prozent auf 4,2 Billionen Yen gefallen.