Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) wehrt sich bei "Berlin direkt" gegen Kritik. Sie kündigt im ZDF eine Initiative für ein europäisches Tierwohl-Kennzeichen an.
Sehen Sie hier das Interview Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner appelliert beim Thema Tierschutz an die Verbraucher. "Es fängt an der Theke an mit dem Preis. Fleisch ist zu billig", sagt sie im ZDF.
Seit Jahren fordern Umwelt- und Tierschutzverbände eine Reform der Agrarpolitik. Mit dem Umbau der Landwirtschaft soll auch der Tierschutz ausgeweitet werden. So soll die Haltung von Schweinen in viel zu kleinen Ställen beendet werden. Der Bundeslandwirtschaftsministerin werfen die Verbände vor, die nötige Reform zu verschleppen.
300 Mio. Euro für den Umbau von Ställen
In der Landwirtschaft habe sich bereits sehr viel getan, sagt Julia Klöckner in der ZDF-Sendung "Berlin direkt": "Wir sind sehr weite Schritte vorangekommen." Landwirtschaft müsse "nachhaltiger" werden, sagt die Ministerin. Dabei werde den Landwirten durch die Reformen einiges zugemutet.
Seit Jahren soll die Agrarpolitik reformiert und ein System geschaffen werden, dass das Tierwohl berücksichtigt und die Bedingungen in der Fleischproduktion verbessert.
Kritik, sie würde ihren Worten zu wenig Taten folgen lassen, weist sie entschieden zurück. Das Kabinett habe ein von ihr vorgelegtes Gesetz zum Thema Tierwohl-Kennzeichen gebilligt, betont die Ministerin.
Da sei Deutschland "Vorreiter" innerhalb Europas.
Klöckner: "Fleisch ist zu billig"
Doch mit dem Umbau der Ställe allein sei es nicht getan. Auch der Verbraucher sei gefordert. "Es fängt an der Theke an mit dem Preis. Fleisch ist zu billig", sagt Klöckner. Bei dem Preis könne "weder Tierwohl noch Arbeitnehmerschutz drinstecken". Und Landwirte und ihre Familien hätten auch zu wenig zum Leben.
-
Vom Schwein zum Schnitzel
Das kurze Leben eines Schweins
Deshalb fordert die Landwirtschaftsministerin, die "gesamte Kette" zu betrachten. "Wir brauchen einen Pakt vom Stall bis zum Teller", sagt sie. Am Ende gehe es darum, dass auch die kleinen Betriebe die Umstellung schaffen müssten.
Ministerin: Schluss mit "Sub-Sub-Sub-Unternehmen" in der Fleischindustrie
Neben dem Tierschutz müsse man aber auch die schlechten Arbeitsbedingungen, wie bei Tönnies und anderen Unternehmen, im Blick haben. "Da unterstütze ich den zuständigen Bundesarbeitsminister, dass wir dieses Verhältnis von Sub-Sub-Sub-Unternehmen wirklich beenden", sagt Klöckner.
Die Frage sei, ob ein Schlachtunternehmen das nutze, "um in einer Sub-Sub-Sub-Kultur am Ende immer mehr Geld im System verschwinden zu lassen". Da verdienten dann alle mit, außer der Arbeitnehmer, der habe "so wenig in der Tasche, dass er da am Ende gar nicht davon leben kann", sagt die Ministerin. Das müsse beendet werden.
-
Das Leiden der rumänischen Schlachter
Kein Abstand, zu wenig Hygiene: Die Arbeitsbedingungen rumänischer Hilfsarbeiter in deutschen Fleischfabriken sind desaströs. Wer es sich leisten kann, flieht zurück in die Heimat.
Den Tierschutz will Julia Klöckner entscheidend vorantreiben, wie sie betont. Bei der umstrittenen Ferkelkastration werde Deutschland "das strengste Gesetz in Europa haben und da wird es kein Verschieben geben, der 01.01.2021 gilt", sagt sie. Auch beim Thema Kükentöten habe Deutschland mit dem Ausstieg angefangen.
Klöckner will Tierwohl-Kennzeichen auf EU-Ebene durchsetzen
Darüber hinaus strebt die Ministerin EU-weite Lösungen beim Tierschutz an:
"Wir können jetzt in Deutschland kein Tierwohl-Kennzeichen verbindlich vorschreiben", räumt Klöckner ein. Ihr Ziel sei es aber, ein verbindliches Tierwohl-Kennzeichen auf EU-Ebene durchzusetzen. Da hätten allerdings "27 Mitgliedsstaaten einen Weg vor sich". Es gebe viele Mitgliedstaaten, die einheitliche höhere Kriterien und Standards bislang nicht für notwendig erachtet hätten, sagt Klöckner im ZDF.
-
Deutsche EU-Ratspräsidentschaft
Deutschland hat mitten in der Corona-Krise vom 1. Juli 2020 an bis zum Jahresende die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union übernommen.