Das Kabinett hat die Pflegereform auf den Weg gebracht - dabei sind vor allem die Pläne für höhere Beiträge von Kinderlosen umstritten. Im ZDF verteidigt Minister Spahn die Reform.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die in der geplanten Pflegereform vorgesehene Beitragserhöhung für Kinderlose zur Finanzierung höherer Löhne in der Pflege verteidigt.
Spahn: Es geht um wirtschaftliche Situation
Ihm sei bewusst, dass es sich um ein sehr emotionales Thema handle, betonte Spahn im ZDF Morgenmagazin. "Manch einer würde gerne Kinder haben und es klappt aus welchen Gründen auch immer nicht, das ist belastend, aber hier geht es ja vor allem um die wirtschaftliche Situation von Familien und denjenigen, die wie ich keine Kinder haben, und die haben jedenfalls diese finanzielle Belastung nicht, bei allem großen Glück, was Kinder sonst bedeuten."
Der Unterschied werde auch in der Renten- und Krankenversicherung gemacht und beruhe auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, so Spahn. "In der Rentenversicherung machen wir den Unterschied, indem Erziehungszeiten angerechnet werden; in der Krankenversicherung machen wir den Unterschied, indem Kinder beitragsfrei mitversichert werden können; in der Pflegeversicherung machen wir den Unterschied durch eine unterschiedliche Beitragshöhe." Eine Erhöhung des Beitrags für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte ist Teil der geplanten Pflegereform.
Eigenanteil Pflegebedürftiger steigt
Die Koalition aus Union und SPD hat die Teilreform in der Pflege am heutigen Mittwoch auf den Weg gebracht - das Bundeskabinett hat die Vorlage von Jens Spahn gebilligt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich zuversichtlich, dass die Pflegereform noch vor dem Sommer im Bundestag beschlossen werde.
Eine bessere Bezahlung dringend benötigter Pflegekräfte ist erklärtes Ziel der Großen Koalition. In der Altenpflege mit rund 1,2 Millionen Beschäftigten bekommt laut Arbeitsministerium nur knapp die Hälfte Tariflohn. Ein Anlauf für einen Tarifvertrag, den Ressortchef Heil für die ganze Branche verbindlich machen wollte, war zu Jahresbeginn gescheitert.
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Zugleich steigen selbst zu zahlende Anteile für Pflegebedürftige im Heim, sie lagen zuletzt bei 2.068 Euro pro Monat im Bundesschnitt. Enthalten ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen aber noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen der Einrichtungen dazu.
sagte Jens Spahn am Mittag in einer Pressekonferenz in Berlin. "Wir wollen sicherstellen, dass niemand durch die Pflege in Heimen überfordert wird." Es sei im weiteren geplant, dass der Bundestag das Reformpaket bis Ende Juni beraten und beschließen werde, so Spahn.
"Pflegebedürftige hätten deutlichere Entlastung verdient"
Der Sozialverband VdK kritisierte die Reformpläne:
"Es kann nicht sein, dass die Kosten für mehr Personal und notwendige Lohnsteigerungen nun vor allem an ihnen hängenbleiben", sagte Präsidentin Verena Bentele den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der geplante Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro reiche "nie und nimmer".
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die Pflegebedürftigen in Deutschland hätten eine deutlichere Entlastung verdient - es wäre Aufgabe des Bundesfinanzministers gewesen, einen entsprechenden Bundeszuschuss bereitzustellen."
DAK-Chef warnt: Beiträge könnten steigen
Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) begrüßte, dass der ursprünglich angestrebte allgemeinverbindliche Tarifvertrag für die Altenpflege tot sei, wie Präsident Thomas Greiner dem "Handelsblatt" sagte. Wer glaube, dass ein Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung von einer Milliarde Euro reiche, "glaubt auch an den Weihnachtsmann oder die Weihnachtsfrau".
Der Chef der Krankenkasse DAK-Gesundheit, Andreas Storm, warnte vor einer völlig unzureichenden Finanzierung der Reform. "Für das Jahr 2022 zeichnet sich schon jetzt ein Defizit von zwei Milliarden Euro ab." In der Folge drohten Beitragssteigerungen.
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