Neben dem Ukraine-Krieg hat die EU weitere Konflikte mit Russland. Zunehmende Eskalationsgefahren sehen EU-Diplomaten bei Kaliningrad, Spitzbergen und Kasachstan.
Aber Kaliningrad ist nicht der einzige Konfliktherd mit Russland. Am Mittwoch drohte die Regierung in Moskau etwa auch Norwegen wegen einer angeblichen schlechten Behandlung von Russen auf Spitzbergen mit Vergeltung.
Im Hintergrund stehe der von Präsident Wladimir Putin seit langem verkündete Anspruch, dass Moskau Menschen auch in anderen Staaten verteidigen will, "die russisch denken, sprechen und fühlen", sagt der Russland-Experte Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).
Streit um die Exklave Kaliningrad
Der Streit zwischen Russland und Litauen betrifft das seit dem 17. Juni faktisch geltende Transitverbot bestimmter Waren in die russische Exklave. Im Transitverkehr hält Litauen Güter aus Russland wie Baumaterialien, Metalle und Kohle in die Exklave zurück, weil diese unter EU-Sanktionen fallen.
Von dem Verbot betroffen ist die einzige Zugstrecke zwischen Russland und Kaliningrad sowie Seeweg zum früheren ostpreußischen Königsberg.
- Kaliningrad: EU und Litauen vor Kompromiss?
Vertreter der EU verhandeln offenbar mit Litauen über das Aussetzen des Transitverbotes in die russische Exklave Kaliningrad. Ein Kompromiss soll - laut Insidern - bevorstehen.
EU und Litauen: Kompromiss bis 10. Juli
EU und Litauen wollen einen Kompromiss bis zum 10. Juli erreichen - und alle, auch die Bundesregierung, versichern dem Partner volle Solidarität. Unter EU-Diplomaten heißt es aber gleichzeitig, dass die Angelegenheit unnötig eskalierte. "Denn niemand hatte die litauische Regierung aufgefordert, das EU-Sanktionsregime derart konsequent umzusetzen", erläutert einer von ihnen. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid sagt diplomatisch:
"Alle kennen doch die Sensibilität Russlands bei Kaliningrad", sagt Stefan Meister. Das Problem sei nun eine gesichtswahrende Lösung für alle Seiten zu finden, sagt ein EU-Diplomat. Dabei sind sich die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland in der Sache einig: Der Krieg mit der Ukraine ist schon dramatisch genug - man braucht nicht noch einen weiteren Konflikt.
Russen auf Spitzbergen
Ganz anders gelagert ist der Fall von wenigen Hundert Russen, die auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen leben. Diese haben durch einen bereits 1920 geschlossenen Vertrag das Recht, dort Bergbau zu betreiben - und werden auch aus Russland versorgt. Das Nato-Land Norwegen ist zwar kein EU-Mitglied, setzt aber die EU-Sanktionen gegen Russland um - und hat nun einen Teilstopp beschlossen.
Eigentlich sollte der Warentransport per Schiff nach Spitzbergen nach norwegischen Angaben nicht beeinträchtigen werden. Aber ein Großteil der russischen Fracht für die Siedlungen des Archipels muss zunächst einen Kontrollpunkt auf dem norwegischen Festland passieren - das wiederum für sanktionierte Waren gesperrt ist.
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Kasachstan und andere ehemalige Sowjetrepubliken
Ein ganz anderes Problem ist das der Russen, die in anderen Ländern - und vor allem ehemaligen Sowjetrepubliken - leben. Das betrifft sowohl das Baltikum, Moldau als auch Kasachstan.
Während die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen Mitglieder von EU und Nato sind und Moldau geografisch von Russland aus nicht gut zu erreichen ist, ist dies bei Kasachstan anders. Beate Eschment, Zentralasien-Expertin des Osteuropa-Instituts ZOIS sagt:
Das aktuelle ZDF-Politbarometer zeigt, dass 75% der Befragten dafür sind, die Ukraine militärisch zu unterstützen.
Das Land habe eine sehr lange Grenze mit Russland und eine russische Minderheit. Rund 18 Prozent der Bevölkerung des ölreichen Staates vor allem im Norden des Landes gehörten dazu.
"Ich kann mir vorstellen, dass Moskau die Rhetorik weiter verschärfen wird", meint DGAP-Experte Meister. Denn Putin nutze die Politik zum angeblichen Schutz von Auslandsrussen, um andere Länder unter Druck zu setzen.
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Liveblog- Aktuelles zum Krieg in der Ukraine
Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.