Kampfdrohnen können Kriege entscheiden. Häufig werden türkische Drohnen eingesetzt. Im Spiel ist auch Waffentechnik der Firma Hensoldt. Die Bundesregierung sieht zu und verdient.
Vor einem Jahr herrschte Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Bergkarabach. Aserbaidschan setzte die türkische Kampfdrohne Bayraktar TB 2 ein und gewann.
Die Drohne vernichtete 900 armenische Ziele im Wert von zwei Milliarden Dollar. Seitdem ist Bayraktar TB 2 ein Verkaufsschlager. Neun Länder nutzen sie bereits, elf weitere wollen sie kaufen - Demokratien wie Diktaturen.
Völkerrechtler "Krasser Widerspruch zur deutschen Außenpolitik"
Kampfdrohnen nutzen spezialisierte Zielerfassungssysteme, quasi als Auge der Waffe. Eines dieser Systeme heißt Argos II HDT. Es wird von der südafrikanischen Tochterfirma der deutschen Waffenschmiede Hensoldt hergestellt. Hensoldt ist börsennotiert und machte 2020 einen Umsatz von mehr 1,2 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hält an der Rüstungsfirma aus sicherheitspolitischen Gründen eine Sperrminorität von 25,1 Prozent.
"Hier wird Geld verdient mit Konflikten", kritisiert der Völkerrechtsexperte Andreas Schüller. "Das steht im krassen Widerspruch zur deutschen Außenpolitik."
Völkerrechtswidrig sei zum Beispiel der Drohneneinsatz der türkischen Armee gegen Kurden im Nordirak. So endete am 17. August 2021 ein türkischer Drohnenbeschuss auf ein Krankenhaus mit acht Toten und vier Verletzten.
Rüstungsfirma bestätigt Lieferung an Türkei
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Der deutsche Rüstungskonzern Hensoldt bestätigte auf Anfrage des ZDF-Magazins "frontal", dass Argos-II-Zielerfassungssysteme an den türkischen Drohnenhersteller Baykar geliefert wurden, über eine Tochterfirma in Südafrika.
Einen Verstoß deutscher Rüstungsexportbeschränkungen sieht Hensoldt nicht: "Argos II wurden im Einklang mit den geltenden Exportvorschriften an Länder innerhalb Europas und außerhalb Europas geliefert."
Abrüstungsexperte Alexander Lurz von Greenpeace kritisiert diese Praxis.
"Ein deutscher Konzern gründet eine Tochter in Südafrika. Dort werden Rüstungsgüter produziert und exportiert. Von dort aus ist möglich, was von Deutschland aus nicht möglich wäre", so Lurz
Lieferungen an Diktaturen und Demokratien
Am 27. September 2021 präsentierte Turkmenistan auf einer Militärparade die türkische Kampfdrohne Bayraktar TB2 mit Zieloptik der Firma Hensoldt. Das zeigen Fotos, die "frontal" vorliegen. Die frühere Sowjetrepublik in Zentralasien zählt zu den repressivsten Diktaturen der Welt.
Auch die demokratische Ukraine hat die die Bayraktar TB2 gekauft. Am 26. Oktober 2021 wurde die Drohne erstmals gegen prorussische Rebellen im Osten des Landes eingesetzt. Ob in diesem Fall Zieloptiken der Firma Hensoldt verbaut sind, hält die Ukraine geheim.
"Sofern in den Bayraktar-Drohnen in der Ukraine auch Technik von Hensoldt verwendet wird", so Andreas Schüller, "besteht natürlich das Dilemma, dass Deutschland auf der einen Seite eine Befriedung des Konflikts in der Ukraine möchte, auf der anderen Seite aber gerade durch diese Drohnen eine Gewaltspirale droht, fortgesetzt zu werden."
Hensoldt-Technik im Kriegsgebiet
Auch im Bürgerkrieg im Jemen kommt die Rüstungstechnik von Hensoldt nach Meinung von Militärexperten zum Einsatz. "frontal" liegen Videos vor, die Reste eines Argos-II-Zielerfassungssystems von Hensoldt nach einem Drohnenabschuss zeigen.
Eine arabische Militärallianz unter Führung von Saudi-Arabien bekämpft im Jemen seit 2015 die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Der Krieg, der auch mit Kampfdrohnen geführt wird, kostete bisher Zehntausende Menschen das Leben.
Völkerrechtsexperte Schüller fordert von der neuen Bundesregierung, solche Geschäfte zu verbieten. "Sie hat jetzt die Möglichkeit, durch ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz Konstellationen der Umgehung bestehender Exportrichtlinien zu beenden."
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