Bundeskanzler Scholz und sein Stellvertreter Habeck fliegen zusammen nach Kanada. Es geht um LNG-Gas und die Zukunft der Zeitenwende - auch für die deutsch-kanadischen Beziehungen.
Natürlich arbeiten Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) vertrauensvoll und eng zusammen. Und natürlich werden sie auf der Reise - auf der Suche nach deutsch-kanadischer Zusammenarbeit und Zukunft in der Zeitenwende - an einem gemeinsamen Strang ziehen. Und natürlich ist es in solch historischen Zeiten für die Handelnden erst einmal nicht entscheidend, dass die Zuspruchswerte des einen - und zwar Habecks - durch die Decke gehen - und die des anderen - Scholz - eben nicht, ja fast zwei Drittel mit seiner Arbeit unzufrieden sind.
Aber genauso natürlich werden die mitreisenden Medienmenschen - neben all den wichtigen wirtschaftlichen und politischen Themen - auch die persönliche Chemie der beiden im Blick haben: Wie fügt sich der Vize ein? Wie viel ist Augenhöhe, wie viel ist Ansage? Damit aber auch genug der politischen Biochemie.
Kanada: Stabil-demokratisch und nicht Trump-gefährdet
Diese Kurzreise von Kanzler und Vizekanzler nach Kanada ist aber auch aus anderen Gründen spannend: Kanada gehört zu den Ländern, die auf der Weltkarte durch den russischen Angriffskrieg noch attraktiver geworden sind. Stabil-demokratisch, nicht wie der starke Nachbar im Süden Trump-gefährdet - und energie- und ressourcenreich. Ein idealer Partner, der jetzt deutlich stärker in den Fokus gerät. Die Zeitenwende hat viele Facetten.
Auch, dass jetzt zum ersten Mal ein Bundeskanzler ausschließlich nach Kanada reist - und es nicht ein Beipackprodukt etwa eines USA-Besuchs ist.
Für die LNG-Ausfuhr fehlen die Terminals
An Bord der Regierungsmaschine ist auch eine größere Wirtschaftsdelegation. Es geht um LNG-Gas, es geht um Mineralien - und es geht um grünen Wasserstoff. Alles allerdings nicht kurzfristig.
Kanada ist zwar einer der größten Erdgasproduzenten der Welt. Für die Ausfuhr nach Europa aber fehlen die Terminals, um Gas in transportables Flüssiggas umzuwandeln. Das erfolgversprechendste LNG Projekt heißt Saint John LNG und ist ein LNG-Importterminal, der eventuell erweitert werden könnte um eine Verflüssigungsanlage für den Export. Für die Deutsche Umwelthilfe ist all das aber kritikwürdiges Shopping von fossiler Energie und die falsche Weichenstellung für die Zukunft.
Kanadas Riesen-Potential für grünen Wasserstoff
Aber auch Kanadas Potenzial für grünen Wasserstoff ist eindrucksvoll - Studien prognostizieren für das Jahr 2050 Exportkapazitäten zwischen 25 und 35 Millionen Tonnen grünen Wasserstoffs.
Kanada hat mit vier Prozent einen großen, ukrainestämmigen Bevölkerungsanteil. Und das macht sich natürlich politisch bemerkbar. Schon früh hat sich Kanada für die Ukraine starkgemacht - ist auch jetzt ein nicht zaudernder Unterstützer.
Zeitenwende - auch für die deutsch-kanadischen Beziehungen
Trudeau hat massive Kritik aushalten müssen für die Freigabe der Siemens Energy Gas-Turbine, die ja eigentlich unter das Sanktionsregime fällt - Kiew was not amused. Jetzt aber ist die Ukraine ebenfalls an kanadischem Flüssiggas interessiert, das könnte Druck von Trudeau nehmen.
Wie wichtig Kanadas Premier den Besuch nimmt, lässt sich schlicht daran ablesen, dass er den Kanzler jeden Tag trifft, sowohl in Montreal als auch in Toronto und im neufundländischen Stephenville. Die Zeitenwende ist auch eine für die deutsch-kanadischen Beziehungen.
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