Die Kanarischen Inseln sind eines der wenigen noch zugänglichen Urlaubsziele in Europa für Deutsche. Seit diesem Jahr sind sie auch wieder das Ziel vieler Geflüchteter aus Afrika.
Dieses Jahr sind bereits 20.000 Flüchtlinge nach Gran Canaria gekommen. Hilfe kommt von der UNHCR und der spanischen Regierung.
An der "Mole der Schande", wie die Anwohner den kleinen Hafen von Arguineguin im Herbst genannt haben, ist es still dieser Tage. Der Ort auf Gran Canaria war mehrere Monate Fluchtort für tausende Migranten. Es fehlte an Decken, an Duschen, vor allem an Platz.
Menschenrechtler vor Ort schlugen Alarm: "In Arguineguin herrschten wirklich dramatische Zustände. Inzwischen schöpfen wir wieder Mut, weil die Regierung Maßnahmen ergriffen hat und nun versucht, eine Lösung auf den Weg zu bringen", berichtet Sophie Muller vom UN-Flüchtlingshilfswerk.
Notunterkünfte bringen momentan Entlastung
Sie steht im ständigen Austausch mit der Regierung auf dem spanischen Festland und den lokalen Behörden der Inselgruppe. Behelfsmäßige Zeltunterkünfte und 17 Hotels beherbergen inzwischen die meisten Migranten.
Aus EU-Mitteln wird der Bau von Notunterkünften finanziert. In diesem Jahr sind bereits 20.000 Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben auf den Kanaren gestrandet, fast zehnmal mehr als im vergangenen Jahr.
Fluchtroute Atlantik ist lebensgefährlich
Dabei ist die Route über den Atlantik nach Europa eine der gefährlichsten überhaupt. 650 Menschen überlebten diese Reise nicht oder gelten als vermisst. Doch weil der Weg über das Mittelmeer durch strenge Kontrollen blockiert ist, sehen viele Flüchtlinge keine andere Möglichkeit.
In ihren bunt bemalten Holzbooten, Fischerboote eigentlich, setzen sie aus dem Maghreb oder aus Westafrika über, um Armut, Gewalt, politischer Verfolgung zu entkommen. Und: Wegen der Pandemie haben ihre Heimatländer große wirtschaftliche Probleme, es fehlt an Jobs und Perspektiven.
berichtet ein junger Mann aus Mali. Seine Flucht ist, wie das so vieler junger Migranten, ein Familienprojekt. Doch seine Reise endet hier.
Kanaren fürchtet Folgen für Tourismus
Spanien lässt ihn und all die anderen nicht aufs Festland, allenfalls Frauen und Minderjährige dürfen weiterziehen. "Was wir anstreben ist eine engere Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern, für eine Rückführung", versucht der spanische Migrationsminister die Gemüter vor Ort zu beruhigen.
Doch das Verfahren kann sich hinziehen und bei einigen Insulanern endet die Geduld. Der Tourismus, durch die Corona-Krise ohnehin schon schwer angeschlagen, fürchtet um den Ruf der Kanaren. Immer wieder kommt es zu Protesten von Hoteliers, Gastronomen, Taxifahrern.
Flüchtlingsboote kommen trotz Stürmen
Obwohl Ende November das Wetter schlechter geworden ist, kommen weiter Migrantenboote über das Meer. "Wir beobachten jetzt, dass die Menschen trotz Unwetter weiter das Risiko eingehen und versuchen zu kommen. Das ist aus menschlicher und humanitärer Sicht sehr beunruhigend," berichtet Sophie Muller. Und ergänzt:
Mit viel Fingerspitzengefühl versucht sie vor Ort zu vermitteln, damit sich Anwohner als auch Flüchtlinge sicher fühlen. In diesen Tagen bringt ihre Organisation weitere Kleidung, Decken und Masken auf die Insel. Denn keiner weiß, wie viele sich gerade in den kleinen Holzbooten auf den gefährlichen Weg über das Meer machen.