Sebastian Kurz rückt ins Visier der Ermittler, der Kanzler und seine ÖVP immer mehr in den Fokus. Nun drohen dem 34-Jährigen juristische Probleme - wegen möglicher Falschaussagen.
Die österreichische Justiz hat ein Ermittlungsverfahren gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz eingeleitet. Dabei geht es um eine mögliche Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss des Parlaments. Der Regierungschef der konservativen ÖVP bestätigte am Mittwoch Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ihn und seinen Kabinettschef Bernhard Bonelli.
Kurz wiegelt ab und schließt Rücktritt aus
Kurz wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit Postenbesetzungen bei der Staatsholding ÖBAG nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Einen Rücktritt schloss der Regierungschef aus. Er gehe davon aus, dass sich die Vorwürfe auflösen würden:
Die ÖBAG verwaltet für die Republik die Staatsbeteiligungen an Unternehmen, wie etwa dem Ölkonzern OMV, der Telekom Austria oder dem Stromkonzern Verbund. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Wien bestätigte die Ermittlungen. "Es gab mehrere Anzeigen", sagte er. Die Höchststrafe für "Falsche Beweisaussage" liege bei bis zu drei Jahren Haft.
Österreichs Sebastian Kurz galt lange als junger, aufstrebender Politiker. Doch nun sind Chatprotokolle aufgetaucht, die belegen, dass er sich über Jahre ein Netz aus Seilschaften gestrickt hat.
Anzeige der Oppositionspartei Neos
Unter anderem gibt es eine Anzeige der Oppositionspartei Neos. Die Partei begründete dies auf Twitter damit, dass Kurz behauptet habe, er sei in die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef nicht involviert gewesen. Veröffentlichte Chatverläufe zwischen Kurz und Schmid würden aber darlegen, dass das Gegenteil der Fall war. Die Aussagen von Kurz vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss erfolgten im Juni 2020. Auch gegen ÖBAG-Chef Thomas Schmid wird ermittelt.
Der Ibiza-Untersuchungssausschuss des Parlaments befasst sich mit Korruptionsvorwürfen gegen die frühere Regierung aus ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ. Kurz ist nach Finanzminister Gernot Blümel das zweite direkte Regierungsmitglied der ÖVP, gegen den ermittelt wird. Blümel, ein enger Vertrauter des Kanzlers, ist wegen des Verdachts einer möglichen Parteienspendenaffäre im Visier der Behörden.
Opposition fordert Konsequenzen von Kurz - früher oder später
Die Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger bezeichnete es als "einzigartig und äußerst bestürzend", dass mit Kurz und Bonelli sowie Finanzminister Blümel und ÖBAG-Chef Thomas Schmid gleich vier "Spitzen der Republik" als Beschuldigte geführt werden.
Die Chefin der größten Oppositionspartei SPÖ sagte, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft müssten natürlich abgewartet werden. Sollte es aber zu einer Anklage gegen Kurz wegen Falschaussage kommen, sei eine rote Linie überschritten. "Ein amtierender Bundeskanzler, der angeklagt ist und vor Gericht steht, kann sein Amt nicht mehr ausüben und muss die Konsequenzen ziehen." Die FPÖ fordert dagegen den sofortigen Rücktritt.