Die Lage in der Ukraine spitzt sich zu. Wie sich ein Angriff auf Kiew gestalten könnte - und warum große Gefahr von den Kämpfen im Südosten ausgeht, erklärt ein Militärexperte.
Sehen Sie hier das komplette Interview mit Militärexperte Franz-Stefan Gady.
Fast eine Woche ist es her, seit russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind. Seither bewegen sich die Streitkräfte Russlands immer weiter in ihr Nachbarland. Besonders umkämpft sollen Gebiete im Süden und Osten des Landes sein.
Aber auch von Luftangriffen auf Schytomyr in der Nähe der Hauptstadt Kiew ist die Rede - Bilder zeigen zudem einen gewaltigen Aufmarsch von Militär vor den Toren Kiews, ein Angriff aus Richtung Belarus wird befürchtet.
Im ZDF-Interview erklärt Militärexperte Franz-Stefan Gady …
... warum von den Truppen vor Kiew nicht die größte Gefahr für die Ukraine ausgeht
"Ich weiß, dass das mediale Interesse zurzeit auf dem Norden liegt, auf Kiew, auf dieser berühmt-berüchtigten Kolonne, die 40 Kilometer lang sein soll, die irgendwo feststeht.
Hier stoßen die Russen weit tiefer in den Raum vor, machen erheblich Fortschritt, und das könnte eine große Gefahr für die ukrainischen Streitkräfte längerfristig darstellen."
... wie ein Großangriff auf Kiew aussehen könnte
"Ich glaube, zuallererst wird die Stadt eingekesselt, das heißt umzingelt, es werden wahrscheinlich kleinere Attacken stattfinden, um die Verteidigungsstärke der Stadt zu testen.
Ich kann mir vorstellen eine Rakete auf den Maidan, um zu signalisieren: 'Wir werden kommen, wir schüchtern euch ein und ihr müsst die Stadt verlassen.' Ich glaube, die Russen haben das Interesse, dass so viele Bewohner wie nur möglich Kiew verlassen.
Es kann nicht im russischen Interesse liegen, die Stadt Haus für Haus erobern zu müssen, da Russland nicht die Kräfte hat für diesen Kampf im urbanen Raum."
... welche geopolitischen Folgen der Krieg für die Nato hat
"Ich glaube, früher oder später werden wir darüber sprechen müssen, ob wir eine permanente Truppenpräsenz der Nato in osteuropäischen Städten haben werden - beziehungsweise eine Aufstockung von Nato-Truppen in Osteuropa.
Das werden wahrscheinlich die unmittelbaren Konsequenzen sein. Geopolitisch werden wir mutmaßlich in eine Zeit vor dem 24. Februar 2022 und eine Zeit nach dem 24. Februar 2022 unterscheiden; eine wirklich geopolitische Zeitenwende meiner Meinung nach."
Das Interview führte Antje Pieper. Die ganze ZDFspezial Sendung zum Krieg in der Ukraine könne Sie hier sehen:
Tag sieben der russischen Invasion in der Ukraine - das ZDFspezial in voller Länge.
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