Das 1,5-Grad-Ziel schafft es in die G20-Gipfel-Erklärung - aber konkrete Daten, bis wann die Industriestaaten CO2-Neutralität anpeilen? Fehlanzeige.
Die G20-Länder vertreten unterschiedliche Positionen, wenn es um den Klimaschutz geht, berichtet ZDF-Korrespondentin Anne Gellinek.
Pünktlich zum Weltklimatreffen in Glasgow sollte ein starkes Signal aus Rom kommen, vom G20-Gipfel der großen Industriestaaten. Aber die führenden Wirtschaftsmächte konnten sich nicht auf eine ehrgeizige Erklärung zum Klimaschutz verständigen.
Wie aus dem ausgehandelten Text für die Abschlusserklärung hervorgeht, gibt es weiter kein konkretes Zieldatum für die wichtige Kohlendioxidneutralität und den Ausstieg aus der Kohleverstromung. Das Dokument, das am Nachmittag formell angenommen werden soll, ist inzwischen bekannt geworden.
Die Kernpunkte:
- Die Abschlusserklärung betont das Ziel der Klimaneutralität "bis etwa zur Mitte des Jahrhunderts"
- Finanzierung neuer Kohlekraftwerke soll eingedämmt werden
- G20-Staaten bekennen sich vor Weltklimakonferenz zu 1,5-Grad-Ziel
Streit um CO2-Neutralität
Die Unterhändler hätten die ganze Nacht verhandelt, ohne ihre Positionen "wohl wirklich einander anzunähern", berichtete zuvor ZDF-Korrespondentin Anne Gellinek. Strittig war vor allem die Jahreszahl, ab wann die G20-Staaten CO2-neutral werden wollen.
Da auf dem G20-Gipfel in Rom keine konkreten Ziele zum Klimaschutz erwartet werden, sind die Hoffnungen auf den Weltklimagipfel groß. ZDF-Umweltexperte Volker Angres hat mehr.
2050 war das Ziel der Europäischen Union. China und Russland aber blieben bei 2060, andere Länder wie Indien oder Saudi-Arabien wollten sich auf gar keine Jahreszahl festlegen, so Gellinek. So kam es zur eher schwammigen Formulierung, die Klimaneutralität solle "bis etwa zur Mitte des Jahrhunderts" erreicht werden.
Ursprüngliche beabsichtigte Zielvorgaben und konkrete Zusagen zum Kampf gegen die gefährliche Erderwärmung aus früheren Versionen waren wieder gestrichen worden. So gab es auch keine Einigung mehr auf "sofortiges Handeln", wie es in einem anfänglichen Entwurf noch geheißen hatte. Klimaschützer äußerten sich "enttäuscht", weil die G20-Gruppe für 80 Prozent der Emissionen verantwortlich ist.
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Kohleausstieg wird nicht einmal erwähnt
Nur allgemein bekräftigen die G20, dass sie weiter den Zielen des Pariser Abkommens verpflichtet seien, die Erderwärmung "deutlich unter zwei Grad zu halten und Bemühungen zu verfolgen, sie auf 1,5 Grad zu begrenzen". Experten halten dafür aber eine deutliche Nachbesserung der Aktionspläne der einzelnen Länder für erforderlich.
Ein Kohleausstieg wird in der Erklärung nicht einmal direkt erwähnt. Auch die Zusage, die Investitionen in Kohlekraftwerke auslaufen zu lassen, blieb wenig konkret: Sollte das ursprünglich "in den 2030er Jahren" geschehen, fehlte im Abschlusskommuniqué die Jahreszahl. Es wird jetzt "so schnell wie möglich" ins Auge gefasst.
Einigung der G20 vor Glasgow gilt als wichtig
"Der G20-Gipfel hätte eine Steilvorlage für die UN-Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow werden müssen», sagte Klimaexperte Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Das ist nicht gelungen." Die G20 habe es versäumt, die Unzulänglichkeit ihrer Selbstverpflichtungen unter dem Pariser Abkommen anzuerkennen und sich zur "dringend notwendigen, sofortigen Nachbesserung" zu verpflichten.
"Auch Deutschland und die Europäische Union sind nach wie vor nicht bereit, ihren fairen Anteil zu leisten", beklagte Kowalzig. So steuere die Welt derzeit auf eine katastrophale Erwärmung um 2,7 Grad zu, obwohl maximal 1,5 Grad als kritische Schwelle gilt. Es dürfe nicht erst in fünf Jahren nachgebessert werden. "Der Planet brennt - den Luxus für weitere Verzögerungen haben wir schlichtweg nicht."
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