"Letzte Generation": Keine Weihnachtspause für Klimaprotest

    Klimakleber an Flughäfen:Keine Weihnachtspause für den Klimaprotest

    von Elisa Miebach
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    Eine Pause im Advent gebe es nicht, sagt die Gruppe, die sich heute am Münchner und Berliner Flughafen festgeklebt hatte. Dafür würde sie sogar Weihnachten im Gefängnis verbringen.

    Vier Klimaaktivisten sitzen mit angeklebten Händen auf dem Zubringer einer Start- und Landebahn am Münchner Flughafen.
    Klimaaktivisten der "Letzten Generation" haben sich heute auf den Rollfeldern des Münchner (Bild) und Berliner Flughafens festgeklebt.
    Quelle: dpa

    Bei Temperaturen um zwei Grad Celsius haben am Donnerstagmorgen vier Aktivistinnen und Aktivisten ihre Hände auf den Asphalt des Münchner Flughafens geklebt. "Was, wenn die Regierung das nicht im Griff hat?", stand auf dem Banner der Klimaprotestgruppe.
    Mit der Drahtschere hatten sie einen Zaun durchgeschnitten, bevor sie sich auf einer Zubringerstraße der nördlichen Start- und Landebahn an den Boden klebten. Drei weitere Aktivistinnen und Aktivisten hatten dies auch auf der südlichen Landebahn versucht, wurden jedoch von der Bundespolizei vorher festgenommen.

    Polizei spricht von kurzzeitigen Flughafen-Beeinträchtigungen

    Nachdem die "Letzte Generation" Anfang der Woche bereits eine Straße in der Innenstadt durch das Festkleben am Asphalt blockiert hatte, war es die erste Aktion am Münchner Flughafen. Kurzzeitige Beeinträchtigungen konnten nicht verhindert werden, sagte die Polizei, die den letzten Aktivisten nach gut zwei Stunden am Vormittag vom Asphalt lösen konnte und mit in Gewahrsam nahm. Es sei aber zu keinen Verspätungen oder Ausfällen gekommen.
    Am Berliner Flughafen war es bereits die zweite Aktion, bei der sich diesmal drei Mitglieder der "Letzten Generation" festklebten. Auch hier wurde der Flugverkehr nicht beeinträchtigt.

    Klimaaktivisten: "Niemand macht das gerne"

    Die hohen Strafen sind den Aktivistinnen und Aktivisten bewusst. Carla Rochel, Pressesprecherin der Gruppe, sagte dem ZDF:

    Niemand von den Menschen, die dort sitzen, macht das gerne.

    Carla Rochel, Pressesprecherin "Letzte Generation"

    Sie täten es trotzdem, sagt sie, mit Blick auf den Klimawandel: "Weil es einfach nicht mehr auszuhalten ist, dabei zuzusehen. Wir wünschen uns so sehr, dass die Bundesregierung gerade einfach die ersten Schritte einleitet, um diese Klimakatastrophe noch zu stoppen."
    Die Gruppe fordert zunächst ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und die Einführung eines 9-Euro Tickets.

    Herrmann: Aktion ist "unverfrorene Rücksichtslosigkeit"

    "Wir könnten in so einer viel besseren Welt leben, in der nicht Milliarden Menschen von Hunger bedroht sind, in der sich die Erde nicht einfach immer weiter erhitzt", so Rochel. Sie wisse, dass die Unterbrechungen, unangenehm seien, doch auch gewaltfreier Protest müsse per Definition stören, sagt die 20-Jährige im ZDF-Interview.
    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von "Klimachaoten" und verurteilte die Aktion als "unverfrorene Rücksichtslosigkeit." Im Raum stehe der Verdacht eines "gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr" sowie weiterer Straftaten. Der Strafrahmen liege hier bei bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Herrmann mahnte zudem eine Überprüfung der Sicherheitskonzepte am Münchner Flughafen an.
    Zwei Männer sitzen in orange farbenen Warnwesten auf dem Asphalt und halten ein Plakat hoch. Sie sind umzingelt von Polizei.
    Die „Last Generation“ hat ihre Klimaproteste heute in München und Berlin fortgeführt. Die Aktionen sollen friedlich, aber intensiver werden, hieß es in einer Onlinepressekonferenz. 05.12.2022 | 1:40 min

    Sozialwissenschaftlerin: Viele Proteste wurden anfangs scharf kritisiert

    Der bayerische Staatsminister für Bundesangelegenheiten, Florian Herrmann (CSU), sagte zuvor, dass der Rechtsstaat verteidigt werden müsse. Die Sozialwissenschaftlerin Prof. Ilona Otto der Universität Graz gibt zu bedenken:

    Viele Proteste und soziale Bewegungen in der Geschichte wurden zunächst scharf kritisiert. Ich denke zum Beispiel an die Frauenbewegungen, die Proteste gegen Rassismus in den USA oder die Lesben- und Schwulenbewegungen.

    Ilona Otto, Universität Graz

    Vielleicht brauche es Zeit, bis die Menschen die Beweggründe der Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten verstehen, so Otto. Klimaforscher, wie Mojib Latif von der Akademie der Wissenschaften in Hamburg, nannten hingegen die Art des Protests "kontraproduktiv".

    "Letzte Generation": Auch keine Protestpause an Weihnachten

    Die Klimaprotestgruppe hat auch für die Weihnachtszeit keine Pause angekündigt. "Wir können Weihnachten nicht einfach so tun, als wäre alles okay", sagt Rochel:

    Das geht nicht, weil sich das Zeitfenster gerade schließt. Weil wir dringender denn je jetzt Handlungen von der Bundesregierung brauchen.

    Carla Hinrichs, Pressesprecherin "Letzte Generation"

    Schon vor der Aktion am Flughafen saßen vier Aktivisten in bayerischen Gefängnissen. Viele andere hätten sich vor der Aktion am Flughafen von ihren Familien für Weihnachten verabschiedet.
    Wie weit darf der Klimaprotest gehen, fragte ZDFheute live erst kürzlich:
    Quelle: Mit Material von epd

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