Klimagipfel: Wer trägt die Kosten der Klima-Schäden?

    Versicherung für ärmere Länder:Scholz will Schutzschirm gegen Klimaschäden

    SGS mit Shakuntala Banerjee am 27.07.2022
    von Shakuntala Banerjee
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    Industrienationen und Entwicklungsländer streiten, wer die durch den Klimawandel entstehenden Kosten tragen soll. Deutschland will einen "globalen Schutzschirm" einrichten.

    Wenn die Maschine im richtigen Winkel über Scharm el Scheich zur Landung ansetzt, liegt rechts unter ihr die saudische Wüste. Hell und lebensfeindlich fließen ihre Ränder ins Rote Meer. Wer hier, bei der Anreise zum UN-Klimagipfel, aus dem Fenster schaut, ahnt, was durch den Klimawandel in manchen Weltgegenden auf dem Spiel steht: Mehr als zwei Grad Erderwärmung, und ganze Landstriche könnten in den nächsten Jahrzehnten ihr Gesicht verändern, ausgedorrt, unwirtlich, kein Ort, wo Menschen leben könnten.
    Dass es so weit nicht kommt, ist die Hoffnung, auf die sich Vertreterinnen und Vertreter von fast 200 Staaten beim Klimagipfel der Vereinten Nationen (COP27) konzentrieren, unter ihnen heute und morgen auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Maximal 1,5 Grad Erderwärmung, das ist das Ziel, auch wenn jüngste, wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Bisher haben alle Beteiligten zu wenig getan, um dieses Ziel zu erreichen. Will man daran festhalten, müssen die Anstrengungen in den kommenden Jahren deutlich zunehmen.
    [Worum es bei der Klimakonferenz geht: die Kernpunkte im Überblick]

    Scholz verspricht finanzielle Hilfe für Klimaschäden

    Entsprechend angespannt ist die Atmosphäre, zwischen Industrienationen, Schwellen- und Entwicklungsländern, als Scholz am Nachmittag in Scharm el Scheich dazustößt. Auch Deutschland hat seine Ziele bei der Einsparung von Treibhausgasen nicht erfüllt, droht in der Energiekrise durch den Rückgriff auf Kohlekraftwerke seine Werte sogar zu verschlechtern. Noch hat sich die Bundesregierung nicht von den eigenen Klimazielen verabschiedet, doch einfacher wird es in den nächsten Jahren nicht.
    Neben konkreten Schritten zur Eindämmung der Erderwärmung beschäftigt die meisten Anwesenden hier vor allem eine Frage: Wer finanziert in den kommenden Jahren die Kosten, die der Klimawandel verursacht? Der Bundeskanzler verspricht den vom Kimawandel besonders betroffenen Staaten konkrete finanzielle Unterstützung.

    Klimafolgenversicherung als "globaler Schutzschirm"

    2022 bleibt Deutschland noch zurück hinter seinem Versprechen, jährlich 6 Milliarden Euro beizusteuern um Schwellen- und Entwicklungsländer bei der Reduktion klimaschädlicher Emissionen zu unterstützen. 5,3 Milliarden sind es aktuell, darin enthalten: Mittel, mit denen die Bundesregierung jetzt neue Akzente setzen will. Vor allem ein Punkt sticht dabei heraus, auch wenn die Summe vergleichsweise klein scheint: 170 Millionen Euro will Deutschland als Anschubfinanzierung beisteuern, um aus der Idee einer Klimafolgenversicherung einen "globalen Schutzschirm" zu machen. Das gab Olaf Scholz in seiner Rede vor der UN-Klimakonferenz bekannt.
    Das Konzept haben die G7-Staaten unter deutscher Leitung gemeinsam mit der Gruppe der sogenannten "besonders vulnerablen Staaten" entwickelt, jenen Schwellen- und Entwicklungsstaaten, die von der Klimakrise am härtesten getroffen werden. Das gemeinsame Vorgehen erhöht die Umsetzungschancen, denn in der Vergangenheit war die Klimafolgenversicherung auch an Skepsis und Kritik der betroffenen Staaten gescheitert. Nun soll aus der Idee in Scharm el Scheich ein handfestes Projekt werden.

    NGOs kritisieren Scholz-Rede

    Scholz' Rede stieß bei Nichtregierungsorganisationen auf ein geteiltes Echo. Die Klima-Expertin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, nannte Scholz' 170-Millionen-Euro-Zusage "eine wichtige Maßnahme, um den ärmsten Menschen des Globalen Südens nach einem Wetterextremereignis schnell wieder auf die Beine zu helfen". Sie greife angesichts des Ausmaßes des Problems allerdings "zu kurz". Ähnlich äußerten sich die Hilfsorganisationen Care und die NGO Germanwatch, die von einem "Tropfen auf den heißen Stein" sprachen.
    Martin Kaiser von Greenpeace Deutschland kritisierte die Äußerung von Scholz, der Ukraine-Krieg habe Deutschland dazu gezwungen, "für kurze Zeit notgedrungen auch wieder Kohlekraftwerke ans Netz zu nehmen". Gleichzeitig beteuerte Scholz, dass Deutschland "fest zum Kohleausstieg" stehe und generell aus fossilen Brennstoffen aussteigen werde. Diese Äußerungen seien jedoch eine "Täuschung der internationalen Öffentlichkeit", so Kaiser - "wenn er gleichzeitig Geld für neue Gasfelder bereitstellen will, die die Klimakrise weiter anheizen".

    ZDFheute-KlimaRadar
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    Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.
    von Moritz Zajonz
    Fünf Icons mit Fabrikschlot, Blitz, Thermometer vor Deutschland und Weltkarte, und einem Haus über Wellen. Im Hintergrund ein Braunkohlekraftwerk.
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    Quelle: mit Material von AFP

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