Umstrittene Klimastiftung sorgt für kuriose Kapriolen

    Mecklenburg-Vorpommern:Klimastiftung: Kuriose Kapriolen

    Bernd Mosebach, Leiter des ZDF-Studios Mecklenburg Vorpommern
    von Bernd Mosebach
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    Wieso verbrennt eine Finanzbeamtin brisante Unterlagen? Was hat das mit der Schenkungssteuer und der Klimastiftung zu tun? Und was heißt das für Regierungschefin Schwesig?

    Mecklenburg-Vorpommern, Lubmin: Nicht verbaute Rohre für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 werden auf dem Gelände des Hafen Mukran gelagert. Nachdem in kurzer Zeit für die beiden Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 ein Druckabfall festgestellt wurde, sind mittlerweile drei Lecks ausgemacht.
    Die Klimastiftung MV steht in der Kritik, da sie den Bau der Pipeline Nord Stream 2 unterstützt hat.
    Quelle: dpa

    Der Reihe nach: Seit ihrer Gründung im Januar 2021 steht die "Klimastiftung" in der Kritik, weil sie nicht nur Umweltprojekte gefördert, sondern vor allem zur Vollendung der Gaspipeline Nord Stream 2 aktiv beigetragen hat. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 ist die Stiftung politisch tot, dennoch gibt es sie weiterhin: Weder ist sie aufgelöst worden, wie die SPD-geführte Landesregierung für September 2022 gefordert hatte, noch ist der Vorstand zurückgetreten. Vorstandsvorsitzender und Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering begründet das vor allem mit dem Streit, den er und seine Stiftung mit dem Land über die Schenkungssteuer führen.
    [Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig über Nordstream 2 im Juni letzten Jahres:]
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    Klimastiftung: Gemeinnützig oder nicht?

    Schenkungssteuer? Dahinter steht die vermeintlich einfache Frage, ob die "Klimastiftung" gemeinnützig ist. Wenn nicht, muss sie nämlich Schenkungssteuer abführen. Diese bisher nicht eindeutig geklärte Frage verhindert nicht nur den angekündigten Rücktritt des Stiftungsvorstandes, es geht auch um erhebliche Summen.
    Fest steht: Im September 2022 erhielt die Stiftung vom Land einen Steuerbescheid in Höhe von 9,8 Millionen Euro, immerhin fast die Hälfte des gesamten Stiftungskapitals. Begründung: Die Klimastiftung sei privat und keineswegs gemeinnützig. Daraufhin zog Vorstand Sellering vor das Finanzgericht, die Entscheidung steht noch aus.

    Papiere im Kamin einer Bekannten verbrannt?

    Recherchen des Polit-Magazins Cicero lassen nun vermuten, dass es auf dem Weg zu dem umstrittenen Steuerbescheid kuriose Kapriolen gegeben haben könnte. Bisher bekannt war, dass die Stiftung ihre Steuererklärungen nach eigenen Angaben "rechtzeitig" eingereicht habe, dazu einen Antrag auf Befreiung von der Schenkungssteuer. Diese Unterlagen gingen wohl zunächst an das falsche Finanzamt, wurden von dort an das zuständige weitergeleitet und verschwanden dort.
    Cicero will jetzt herausgefunden haben, wie das geschah: Eine Finanzbeamtin hatte die Unterlagen verlegt, dann gefunden und aus "Panik und aufgrund des wachsenden Drucks der Presse und innerhalb der Behörde" im Kamin einer Bekannten verbrannt. Die Unterlagen wurden übrigens später von der Klimastiftung erneut eingereicht und sind diesmal auch auf dem zuständigen Schreibtisch gelandet.

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    Für politischen Wirbel in Schwerin sorgt derweil eine weitere Vermutung des Cicero: Finanzminister Heiko Geue (SPD) soll politischen Einfluss auf die Entscheidung des Finanzamtes in Sachen Steuerpflicht geübt haben. Das wäre illegal, denn Finanzämter sind unabhängig. Geue dementiert, es habe "keine politische Einflussnahme auf die Bearbeiter im Finanzamt gegeben".
    Die Opposition will sich damit nicht abspeisen lassen, kündigt Sondersitzungen des Rechts- und des Finanzausschusses an (CDU), sieht die rechtsstaatliche Unabhängigkeit beschädigt (Grüne) und spricht von einem ungeheuerlichen Vorgang (FDP). Der Bund der Steuerzahler im Land ist darüber hinaus einfach nur "fassungslos".
    Und die Ministerpräsidentin? Zu den mutmaßlich im Kamin verbrannten Unterlagen sagt sie: "Der Vorfall muss vollständig aufgeklärt werden." Und verweist ansonsten auf ihren Finanzminister. Doch schon hat CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow die Regierungschefin im Visier und fordert ihren Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss, der seit letztem Jahr wiederum die Klimastiftung im Visier hat. Schwesigs Auftritt war eigentlich erst für eine spätere Phase der Ausschussarbeit vorgesehen. Der bisher eher unauffällig agierende Untersuchungsausschuss könnte so bald schon größere Aufmerksamkeit auf sich lenken.
    Bernd Mosebach ist Leiter des ZDF-Landesstudios Mecklenburg-Vorpommern
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