Ein Ölembargo wäre "keine nationale Katastrophe mehr", sagt Wirtschaftsminister Habeck bei "illner" - warnt aber vor dem Preis, den andere Länder dafür zahlen müssten.
"Wir starten im Minus", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der ZDF-Sendung "maybrit illner". Zehn Jahre eines "sehr russlandfreundlichen Kurses" hätten Ansehen gekostet, vor allem in der Ukraine.
Liegt es daran, dass das Tempo der Waffenlieferungen international kritisch beäugt wird? Deutschland befinde sich "im oberen Kräftefeld der Alliierten", betonte Habeck. Und weiter: "Wir sind eine Rüstungsschmiedenation, deswegen werden wir anders gemessen."
Habeck: Deutschland kann sich Embargo leisten
Für ein Ölembargo, sagte Habeck, sei die Bundesrepublik gerüstet. Zumindest insoweit, dass es "keine nationale Katastrophe mehr" mit sich bringen würde.
Deutschland könnte sich ein Embargo leisten, andere Länder nicht. Was nicht passieren dürfe, ist, dass der Ölpreis so weit nach oben schnellt, dass Wladimir Putin mit weniger Exporten mehr Geld verdient.
Wirtschaftsminister: Putin darf keine Keile treiben
Was auch nicht passieren dürfe, ist, dass der russische Präsident einen Keil zwischen die Staaten treibt, die eigentlich an der Seite der Ukraine stehen.
Die einen, in Westeuropa oder Nordamerika, kommen mit dem steigenden Ölpreis zurecht, die anderen, ärmeren, nicht. Ihnen könne sich Putin dann als Retter vor dem Kapitalismus präsentieren - oder sie erpressen.
Habeck: Alternativen zum Embargo finden
Habeck sagte, es gebe weitere Gedankenspiele für Sanktionen:
Und zwar auf anderen Wegen als durch ein Ölembargo. Der Beschluss des Bundestags zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine habe gezeigt, dass die Bundesregierung stark und entschlossen ist, findet Habeck.
Merz kritisiert Bundeskanzler Scholz
Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) reklamierte das Verdienst des Bundestags-Votums für seine Fraktion. Die Ampel-Regierung habe sich erstmals in dieser Frage geschlossen gezeigt.
Scharf kritisierte der Unions-Fraktionschef Kanzler Olaf Scholz (SPD), der in einem "Spiegel"-Interview die Lieferung schwerer Waffen in einen Zusammenhang mit der Gefahr des Atomkriegs gestellt hatte. Dies sei "unverantwortlich", so Merz.
Amann: Union hat Scholz vor sich hergetrieben
Auch für "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann ist dieser Schwenk hin zum Bundestagsbeschluss verwunderlich. Der Kanzler habe, offenbar auf enormen internationalen Druck hin, seine eigene Zeitwende erlebt. Amann sagte:
Die Union habe Scholz vor sich hergetrieben. Das Tragische: Man habe zwei Monate verspielt, in denen man die Ukrainer an schweren, westlichen Waffen hätte ausbilden können.
Klingbeil: "Putin ist bereit zu eskalieren"
Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil verteidigte Scholz. Er wünsche sich keinen Kanzler, der Wasserstandsmeldungen abgebe:
Geopolitik-Experte: Wichtig, über das Siegen zu sprechen
Kontrovers wurde über die Frage des Kriegsziels diskutiert. "Das übergreifende Ziel der Ukraine ist der Erhalt und die Stärkung der eigenen Staatlichkeit gegen die russische Aggression", sagte die Osteuropa-Expertin Sabine Fischer.
"Das Ziel besteht darin, dass die Demokratie die Autokratie besiegt. Es ist ganz wichtig, dass wir über das Siegen sprechen", sagte der amerikanische Geopolitik-Experte Ben Hodges. Klingbeil sagte:
Die Ukraine müsse ertüchtigt werden, gewinnen zu können. "Wichtig ist, dass Russland gezwungen wird, an den Verhandlungstisch zurückzukehren", sagte Merz, "die Waffen müssen schweigen." Ein ukrainischer Sieg sei aber eine "falsche Forderung".