SPD-Chef Klingbeil: "Grenzen der Ukraine erhalten"

    Interview

    SPD-Chef zum G7-Gipfel:Klingbeil: "Grenzen der Ukraine erhalten"

    26.06.2022 | 21:18
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    Die Welt stehe vor harten Zeiten, meint SPD-Chef Klingbeil im ZDF. Aber: Putin habe den Gegenwind gegen seinen imperialistischen Angriffskrieg unterschätzt.

    Vom G7-Gipfel gehe das Zeichen aus, dass der Westen "geschlossen und solidarisch an der Seite der Ukraine" steht, sagt SPD-Chef Lars Klingbeil im Gespräch mit Theo Koll.26.06.2022 | 3:54 min
    ZDF: Der Ukraine-Krieg prägt ganz zentral dieses G7-Treffen. Sind sie dafür, dass die Ukraine den Krieg gewinnt oder nur bestehen bleibt, wie es der Kanzler formuliert? Das ist ja deutlich weniger. 
    Lars Klingbeil: Lassen Sie uns ins Detail gehen, was heißt das? Die Ukraine wurde in der territorialen Souveränität angegriffen.

    Wir wollen, dass die Grenzen der Ukraine erhalten bleiben, wie das vor Kriegsbeginn war und wenn das der Sieg ist, dann geht es hier um einen Sieg.

    Lars Klingbeil

    Aber ich glaube, vor allem geht es um etwas, was jetzt beim G7-Gipfel in Elmau auch deutlich wird: der Westen, die Nato, die Europäische Union - alle stehen geschlossen und solidarisch an der Seite der Ukraine. Wir machen Druck auf Wladimir Putin und Putin hat unterschätzt, wie groß der Gegenwind gegen seinen imperialistischen Angriffskrieg ist.
    ZDF: Ich zitiere mal: "Deutschland muss Führungsmacht werden", haben sie diese Woche in einer Grundsatzrede gefordert. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass wir es noch nicht sind, oder? 
    Klingbeil: Das heißt erst mal, dass wir uns selbst Zurückhaltung auferlegt haben, dass die europäische Integration, das Abstimmen mit den Anderen, dass das lange Zeit etwas war, was ganz im Vordergrund stand.
    Aber wir haben jetzt erlebt, in vielen Diskussionen in den letzten Wochen, dass viele andere Länder von uns erwarten, dass wir mal den Kurs vorgeben. Und ich sage, dass das, was Olaf Scholz in Kiew gemacht hat, auch mit anderen, dass er gesagt hat, wir wollen die Ukraine jetzt in der Europäischen Union haben, die brauchen den klaren Kandidatenstatus und jetzt auf dem Europäischen Rat sind 27 oder 26 andere Länder gefolgt? Das ist die Führung, die viele auch von Deutschland erwarten und das hat Olaf Scholz diese Woche gezeigt und ich finde, das ist auch in Elmau genau mit dieser internationalen Führung weitergeht. 
    Wir schreiben Tag Eins dieses Multi-Krisen-Gipfels. Es geht im Wesentlichen um die Ukraine, aber auch um Energie-, Ernährungs- und reichlich andere Krisen. 26.06.2022 | 2:35 min
    ZDF: Das ist ja ein klarer Kulturwandel für die SPD, für ihre Äußerungen zur Führungsmacht gab es aus der SPD ja nicht ganz überraschend deutliche Kritik, mit wie viel Gegenwind aus den eigenen Reihen rechnen sie denn noch, insbesondere wenn die Kriegs-Schockstarre nachlässt und sie jetzt jedes Jahr das Zwei-Prozent-Ziel der Rüstung einhalten müssen? 
    Klingbeil: Die Welt verändert sich gerade rasant, die Welt ist im Umbruch und darauf muss die Sozialdemokratie Antworten geben und meine Aufgabe als Parteivorsitzender ist, genau diesen Kurs zu definieren. 
    Das hab ich am Montag getan.

    Ich bin der Meinung, wir müssen mehr internationale Verantwortung übernehmen.

    Lars Klingbeil

    Wir müssen Führung zeigen und ich habe auch eingefordert, dass es eine breite Facette an Instrumenten ist. 
    Die autoritären Staaten wie der Wirtschaftsgigant China und das ressourcenreiche Russland haben ihren Einfluss massiv ausgebaut. 26.06.2022 | 2:45 min
    Da gehört die Diplomatie dazu, da gehört die zivile Konfliktprävention dazu, aber eben auch der Einsatz von Militär - ein klares Bekenntnis zu unserer Bundeswehr. Ich habe damit gerechnet, dass es die eine oder andere kritische Stimme gibt, und das ist auch gut so. Wenn die SPD, wenn die deutsche Gesellschaft, wenn wir als Land diskutieren, was dieser Umbruch für die künftige Ausrichtung der Bundesrepublik bedeutet? 
    ZDF: Sie sprechen von harten Zeiten, die Deutschland bevorstehen. Was genau meinen Sie denn damit? 
    Klingbeil: Wir erleben jetzt, dass Putin zurückschlägt, dass er den Gashahn zudreht. Wir alle wissen nicht, was nach der Wartung von Nord Stream 1 kommt, aber wir sehen jetzt schon die Folgen der Gas-Drosselung. Wir sehen, dass die Lebensmittelkrisen zunehmen, dass es in vielen Ländern dieser Welt zu Hungersnot kommt. Der G7-Gipfel setzt dort ein starkes Zeichen - auch indem man als Bündnis sagt: Wir wollen dagegen geschlossen vorgehen.

    Das sind alles globale Herausforderungen, die da sind, und das werden harte Zeiten, weltpolitisch, aber auch national. 

    Die Fragen stellte Theo Koll, Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios
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    Quelle: ZDF

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