Klingbeil zu Entlastungsplan:SPD-Chef: "Andere Vorstellungen" als Lindner
11.08.2022 | 09:37
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Nach harter Kritik der Grünen nun sanftere Töne vom Koalitionspartner SPD: Parteichef Klingbeil spricht im ZDF von einem "richtigen Signal". Im Detail habe er andere Vorstellungen.
Ampel-Kollege Lars Klingbeil (SPD) stellt sich im ZDF-Morgenmagazin weitgehend hinter die Entlastungspläne von Finanzminister Lindner (FDP). Er sei Lindner dankbar für seinen Vorschlag, so der SPD-Chef. "Dass der Minister jetzt sagt, wir müssen richtig viel Geld in die Hand nehmen, um an der Seite der Bürgerinnen und Bürger zu stehen, das ist jetzt erst mal ein richtiger Schritt." Änderungsbedarf sehe er in Detailfragen.
Darum muss es jetzt gehen: kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Da habe ich andere Vorstellungen im Detail als der Finanzminister.
Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender
Gemeinsam mit dem Bundeskanzler wolle man sich nun um diejenigen kümmern, die von dieser Krise hart betroffen sind, so Klingbeil. "Jetzt geht es darum, im Detail zu klären, wie wir das konkret tun - wie wir das schnell machen."
Lindners Entlastungspläne sorgen für Kritik
Lindner hatte für seine Entlastungspläne Kritik geerntet. Sein Vorschlag, der Steuererleichterungen in Höhe von zehn Milliarden Euro vorsieht, entlaste Besserverdienende stärker als Geringverdienende, kritisiert die Wirtschaftsweise Veronika Grimm.
Kritik auch aus der Ampel in diesem Punkt: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hatte Lindner vorgeworfen, Geringverdienende mit dem Vorstoß nicht ausreichend in den Fokus zu nehmen: "Der Vorschlag, den Herr Lindner gemacht hat, der kennt nur eine Richtung: Je mehr ich verdiene, desto mehr wird am Ende des Jahres bei mir ankommen - und das ist aus unserer Sicht nicht gerecht." Lindner verteidigte den Vorstoß am Mittwoch im heute journal: "Das ist sozial ausgewogen".
SPD-Chef fordert Übergewinnsteuer für Krisengewinner
Obwohl er "andere Schwerpunkte als der Finanzminister" setze, sehe er in den Entlastungsplänen Lindners ein "richtiges Signal" und ein "wichtiges Zeichen", so Klingbeil. Nun solle man "zügig ein Gesamtpaket schnüren".
Zu diesem Gesamtpaket sollen demnach auch andere Maßnahmen gehören. Dabei gehe es neben einem Bürgergeld und der Wohngeldreform aus der Sicht Klingbeils auch um eine Übergewinnsteuer für Unternehmen, die in der aktuellen Krisensituation große Gewinne machten.
"Ich bin dafür, dass wir die [Unternehmen] stärker in die Verantwortung reinziehen, das gehört alles zu einem Gesamtpaket dazu."
Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender
Klingbeil für "Modus des Machens"
Vorgeprescht sei Lindner mit seinem Entlastungsentwurf nicht: Es sei "normal, dass die einzelnen Ministerien ihre Pläne vorstellen". Im ZDF sprach sich Klingbeil zusätzlich für eine neue Marschroute in der Ampel-Koalition aus.
Klingbeil: "In den letzten Wochen wurde viel zu häufig Nein gesagt - als es um die Übergewinnsteuer ging, als es jetzt auch um die Verlängerung des 9-Euro-Tickets ging. Immer wieder haben wir gehört, dass etwas nicht geht". Und weiter:
Ich bin dafür, dass wir jetzt in einen Modus des Machens, des Umsetzens gehen.
Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat seine Pläne vorgestellt, wie er die Folgen der hohen Inflation für die Bürger und Bürgerinnen dämpfen will. Die Eckpunkte des Gesetzentwurfs im Überblick:
Der Grundfreibetrag soll in zwei Stufen angehoben werden:
- 2023: von 10.347 auf 10.632 Euro (plus 285 Euro)
- 2024: von 10.632 auf 10.932 Euro (plus 300 Euro)
Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll künftig erst bei höheren Einkommen greifen, um den Effekt der kalten Progression auszugleichen. Diese beschreibt den Effekt, dass Menschen durch Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerklasse rutschen und bei hoher Inflation am Ende weniger in der Tasche haben als vorher.
- 2023: Einkommen ab 61.972 Euro (vorher 58.597 Euro)
- 2024: Einkommen ab 63.515 Euro
Der Kinderfreibetrag wird für jeden Elternteil von 2022 bis 2024 um ingesamt 264 Euro angehoben und zwar in folgenden Schritten:
- 2022: Rückwirkende Anhebung von 2.730 auf 2.810 Euro
- 2023: Erhöhung von 2.810 auf 2.880 Euro
- 2024: Anhebung von 2.880 auf 2.994 Euro
- 2023: 227 Euro pro Monat für das erste und zweite Kind (plus 8 Euro) sowie für das dritte Kind (plus 2 Euro); weiterhin 250 Euro für das vierte und jedes weitere Kind.
- 2024:233 Euro pro Monat für das erste, zweite und dritte Kind (plus 6 Euro), weiterhin 250 Euro das vierte und jedes weitere Kind.
Der Höchstbetrag für den steuerlichen Abzug von Unterhaltsleistungen, der an den Grundfreibetrag angelehnt ist, wird ebenfalls angehoben und rückwirkend ab dem Jahr 2022 angepasst.
Quelle: ZDF
Quelle: ZDF
Cum-Ex-Vorwürfe: "Vieles schon diskutiert"
Neuen Vorwürfen gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Cum-Ex Skandal sieht Klingbeil gelassen entgegen. Zuletzt wurden in diesem Zusammenhang neue Details über einen Geldfund in Höhe von 200.000 Euro öffentlich. Kommende Woche soll Scholz im U-Ausschuss der Hamburger Bürgerschaft dazu aussagen.
"Es ist vieles schon diskutiert worden", so der SPD-Chef. "Ich bin mir sicher, es hat keinen politischen Einfluss gegeben."
Scholz: Keinen Kontakt zu Kahrs
Nach eigenen Angaben kann sich Bundeskanzler Olaf Scholz nicht daran erinnern, wann er zuletzt mit dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs gesprochen habe. "Es muss schon ewig lange her sein" sagte Scholz bei seiner Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Auf die Frage, ober aktuell Kontakt zu Kahrs pflege, sagte Scholz: "Nein."
Kahrs soll in den Jahren 2016 bis 2017 in Treffen zwischen Scholz und Gesellschaftern der in Cum-Ex-Geschäfte verwickelten Warburg-Bank involviert gewesen sein. Aus Ermittlungsakten soll hervorgehen, dass das Schließfach, in dem besagte 200.000 Euro Bargeld gefunden worden seien, Kahrs zugeordnet würde.
Quelle: ZDF
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