Kohle ist schlecht für Klima - und erlebt wegen der Gaskrise trotzdem eine Mini-Renaissance. Das Regierung macht nun den Weg frei für die Reaktivierung von Reserve-Kraftwerken.
In der Gaskrise können schon bald vermehrt Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung zum Einsatz kommen. Das Bundeskabinett beschloss am heutigen Mittwoch eine entsprechende Verordnung. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte:
Die Bundesregierung will bei der Erzeugung von Strom mehr Kohlekraftwerke einsetzen. So soll Gas gespart und stattdessen eingespeichert werden.
Kraftwerke sollen wieder angeschlossen werden können
Kraftwerke, die mit Kohle und Öl betrieben werden und sich aktuell in der Netzreserve befinden, können demnach bis zum Ende des Winters befristet an den Strommarkt zurückkehren. Die Verordnung trete am Donnerstag in Kraft. Damit will Habeck die Vorsorge stärken. Man wappne sich weiter für eine Zuspitzung der aktuellen Lage am Energiemarkt.
Das vordringliche Ziel, den Kohleausstieg in Deutschland bis 2030 zu vollenden, bleibe von der befristeten Maßnahme unangetastet, so das Ministerium. Die Koalition strebt einen früheren Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung an, bisher ist dieser bis spätestens 2038 geplant.
In die Pipeline Nord Stream 1 wird seit Montagmorgen kein Gas mehr nach Deutschland eingeleitet. Grund sind Wartungsarbeiten, die bis zum 21. Juli andauern sollen.
Sorge vor einem Nicht-Wiederaufdrehen des Gashahns
Wegen einer jährlichen Wartung fließt aktuell kein Gas mehr durch die Ostseepipeline Nord Stream 1. Aktuell werde zwar netto noch weiter Gas eingespeichert, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur der Deutschen Presse-Agentur. "Aber das bewegt sich auf ganz niedrigem Niveau." Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung, die in der Regel bis zu zehn Tage dauert, den Gashahn nicht wieder aufdreht.
Wie aus der Webseite von Europas Gasinfrastruktur-Betreiber (GIE) hervorgeht, stieg der Füllstand der deutschen Gasspeicher zuletzt nur noch um 0,09 Prozent am Tag. Um eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden ist Deutschland aktuell bemüht, seine Gasspeicher so schnell wie möglich zu füllen. Laut Gesetz sollen die Gasspeicher bis zum 1. Oktober zu 80 Prozent und bis zum 1. November zu 90 Prozent gefüllt sein.
Gasspeicher zu 64,6 Prozent gefüllt
Aktuell ist Deutschland von diesem Ziel allerdings noch weit entfernt. Die Gasspeicher sind gerade einmal zu 64,6 Prozent gefüllt, wie Bundesnetzagentur berichtete. Sie korrigierte damit frühere Angaben, nach denen der Füllstand schon bei 64,9 Prozent lag.
Dass das Auffüllen der Gasspeicher aktuell kaum noch vorangeht, liegt zum großen Teil am Stopp der russischen Lieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Durch die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland wird seit Montag wegen Wartungsarbeiten kein Gas mehr geliefert. Nach Angaben der Betreibergesellschaft sollen die Arbeiten bis zum 21. Juli dauern.
- Gazprom: Betrieb von Nord Stream 1 ungewiss
Wegen Wartungen fließt seit heute planmäßig kein Gas mehr durch Nord Stream 1 von Russland nach Deutschland. Geht es danach wie gewohnt weiter? Das lässt Gazprom offen.
Debatte um Alternativen zum Gas
In Deutschland ist indes eine heftige Debatte um die Frage ausgebrochen, wie man das Gas im Falle eines Lieferstopps ersetzen könne. Die Union fordert schon länger, dass deswegen die drei Atomkraftwerke (AKW), die noch am Netz sind, länger laufen sollen als nur bis Ende des Jahres. Diese Forderung bekräftigte auch der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer im ZDF und sagte:
Auch die Ampel-Partei FDP setzt sich für eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten ein. FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte im ZDF Morgenmagazin, dass man in der aktuellen Situation "alles" nutzen müsse.
- Kretschmer: "Diese Regierung hat keinen Plan"
Wie kann sichergestellt werden, dass genug Energie für den Winter da ist? Welche Rolle sollten dabei Kohle und AKW spielen? Sachsens Regierungschef übt heftige Kritik an der Ampel.