Wie regieren, wenn Russland kein Erdgas mehr liefern sollte? Um diese Frage ist eine politische Debatte entbrannt. Wirtschaftsminister Habeck hat "keine Denktabus" mehr.
Deutschland will im Hinblick auf Energie unabhängiger von Russland werden. Es wird deswegen nun auch über Laufzeitverlängerungen für Kohle- und Atomkraftwerke nachgedacht.
Die Furcht vor einem Stopp der russischen Gaslieferungen lässt Rufe nach einer Verschiebung des geplanten Kohle-Ausstiegs laut werden.
Auch die bereits im Zuge der Klimaschutzdiskussion aufgekommene Idee einer Laufzeitverlängerung für die letzten noch nicht abgeschalteten Atomkraftwerke bekommt dadurch neue Nahrung.
Durch den Konflikt mit Russland hält Außenministerin Baerbock einen späteren Kohleausstieg in Deutschland für möglich.
Habeck lässt längere AKW-Laufzeit prüfen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält beides aber für ungeeignet, um etwaige Versorgungsengpässe durch einen Lieferstopp Russland auszugleichen. Gleichwohl prüfe sein Ministerium das, sagte er am Sonntag im ARD-"Bericht aus Berlin". "Es gibt keine Denktabus."
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den für 2038 vereinbarten Ausstieg aus der Kohle-Verstromung "idealerweise" bereits 2030 zu schaffen. Aber: "55 Prozent des Erdgases in Deutschland, fast 100 Prozent in Ostdeutschland, kommt aus Russland", gab Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in der "Welt" zu bedenken.
NRW-Minister Pinkwart will Kohleausstieg vermeiden
Nordrhein-Westfalens Wirtschafts- und Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) hat seine Länderkollegen für diesen Montag zu einer Sondersitzung eingeladen, wie das "Handelsblatt" berichtet. Dabei wolle er ein Forderungspapier zur Versorgungssicherheit vorlegen, in dem es heiße, Vorfestlegungen auf einen frühzeitigeren Kohleausstieg sollten nun "unbedingt vermieden werden".
Habeck hielt dagegen und erklärte mit Blick auf die Kohlekraftwerke: "Länger laufen lassen heißt längere Abhängigkeit von Steinkohle aus Russland." Oder Deutschland kaufe Kohle woanders, dann entstünde eine andere Abhängigkeit.
Bei der Atomenergie habe eine Vorprüfung seines Ministeriums ergeben, dass es ebenfalls kein Ausweg wäre, wenn die letzten drei AKW anders als geplant in diesem Jahr nicht abgeschaltet würden.
"Ich würde das nicht ideologisch abwehren", sagte Habeck zwar. Aber: "Für den Winter 2022/23 würde uns die Atomkraft nicht helfen."
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Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat zurückhaltend auf die Debatte über eine Laufzeitverlängerung der letzten drei Atommeiler reagiert. Es verstehe sich von selbst, dass aufgrund der aktuellen Situation vieles infrage gestellt und geprüft werde, sagt er.
Man werde sich auf alle Eventualitäten vorbereiten und arbeite dafür, dass diese nicht einträten.
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