Es ist passiert, was passieren musste. Es gab konkrete Vorwarnungen für die Doppelanschläge am Flughafen von Kabul. Ein Kommentar.
Erst am Mittwoch hatten die USA und ihre Verbündeten deshalb alle Staatsbürger in Afghanistan und die afghanischen Helfer der Streitkräfte gewarnt, auf keinen Fall zum Flughafen zu kommen. Da die Geheimdienste wussten, dass der ISK, der Ableger des IS in Afghanistan, als bitterer Feind der Taliban das höchste Interesse an solch einer Attacke hatte, war auch der mutmaßliche Modus Operandi – die Art der Ausführung klar.
Selbstmordattentäter oder Autobombe, denn der ISK verfügt zwar über Sprengmittel, aber keine besseren Waffensysteme, auch nicht Raketen, mit denen startende Flugzeuge abgeschossen werden können.
Der Ort der Tat lag auf der Hand. Es ist die Stelle, an der die Alliierten ihre Staatsbürger vom Sammelpunkt des Baron-Hotels zum Eingangstor eskortieren. Wohl deshalb waren US-Marines unter den Todesopfern. Die Wirkung der Explosionen werden an dieser Stelle durch eine Begrenzungsmauer verstärkt, und hunderte Menschen, die im befestigten Abwasserkanal ausgeharrt hatten, wurden mit voller Wucht getroffen.
- Eine gefährliche Fehleinschätzung
Ex-US-General Michael Nagata warnt vor einer global steigenden Terrorgefahr durch den US-Truppenabzug aus Afghanistan. Anti-Terror-Operationen aus der Ferne seien schwierig.
Natürlich wirft das Fragen auf: Wie konnten die Mörder durch die Checkpoints bis hierher gelangen? Die Taliban ließen sicher viele Zivilisten durch, weil sie Chaosbilder am Flughafen erzeugen wollten. Sie hatten vielleicht nicht die Absicht, Terroristen zu helfen, aber das Blut der Opfer klebt auch an ihren Händen.
Weißes Haus trifft Mitschuld
Warum waren US-Soldaten trotz der konkreten Terrorwarnungen in diesem Bereich? Sicher, weil sie Menschen weiterhelfen wollten, aber sicher auch, weil sich die US-Regierung ein Stück weit auf die Talibankontrollen verlassen hat. Auch das Weiße Haus trifft also eine Mitschuld.
Aber täuschen wir uns nicht selbst: Terroranschläge in Kabul hat es auch in all den Jahren gegeben, als viel mehr alliierte Streitkräfte im Land und in der Hauptstadt waren. Selbst bei besserer Planung des Abzugs hätte es solche Angriffe gegeben, wären Menschen gestorben. Noch herrscht Krieg – bis zum Ende des Abzugs am 31. August. Und für alle, die bleiben müssen, sicher auch noch viel länger.