Eindeutiger denn je haben die Bürger in Europas jüngstem Staat für den Wandel gestimmt. Die linke Bewegung Vetevendosje ist bei den Wahlen im Kosovo klar stärkste Kraft geworden.
Bei den Parlamentswahlen im Kosovo zeichnet sich ein deutlicher Sieg der größten Oppositionspartei ab. Nach Auszählung von 65 Prozent der Stimmen lag in der Nacht zum Montag die linke Bewegung Vetevendosje ("Selbstbestimmung") mit Spitzenkandidat Albin Kurti klar vorn. Ihr Anteil lag den Angaben zufolge bei 48 Prozent. Die Partei von Ministerpräsident Avdullah Hoti lag bei 14 Prozent der Stimmen.
Hunderte Anhänger der Selbstbestimmungsbewegung setzten sich über Aufrufe der Parteiführung hinweg, das Wahlergebnis zu Hause zu feiern. Sie strömten auf den Mutter-Teresa-Platz in Pristina, sangen, tanzten und zündeten teils Feuerwerk.
Kurtis Partei Vetevendosje war bereits aus den beiden vorhergehenden Parlamentswahlen im Kosovo als stärkste Kraft hervorgegangen, beide Male aber schließlich an der Regierungsbildung gescheitert.
Kurti besonders bei jungen Wählern beliebt
Der 45-jährige begnadete Redner ist besonders bei der Jugend und den im Ausland lebenden Kosovaren beliebt, die der alten Führung vorwerfen, nichts gegen die Armut getan sowie für die grassierende Korruption im Land mitverantwortlich zu sein.
Kurti durfte zwar wegen einer Verurteilung für einen Protest mit Tränengas im Parlament nicht bei der Wahl antreten, doch könnte ihn seine Partei trotzdem als Regierungschef nominieren.
Höhere Wahlbeteiligung als 2019 - trotz Corona
Etwa 1,8 Millionen Berechtigte hatten die Wahl zwischen mehr als 1.000 Kandidaten aus 28 politischen Gruppen. Die Abstimmung über die 120 Sitze im Parlament verlief ohne größere Zwischenfälle. Die zentrale Wahlkommission meldete trotz Corona-Krise und eisiger Temperaturen eine Wahlbeteiligung von 47 Prozent, gut zwei Prozentpunkte mehr als 2019.
Die Wahl war angesetzt worden, nachdem das Verfassungsgericht die Stimme eines wegen einer Straftat verurteilten Abgeordneten für ungültig erklärt hatte, die dem Regierungskabinett zur Bestätigung durch das Parlament verholfen hatte.
Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, organisierter Kriminalität und Korruption sind die größten Herausforderungen im Kosovo. Verhandlungen für eine Normalisierung der Beziehungen zum Nachbarland Serbien standen während des Wahlkampfs bei keiner der Parteien hoch auf der Agenda.
Partei von Ex-Präsident Thaci zweitstärkste Kraft
Zweitstärkste Kraft ist laut Nachwahlbefragungen die Demokratische Partei Kosovos (PDK), die Partei der ehemaligen Rebellen im Kosovo-Krieg. Prominente Vertreter, darunter Ex-Präsident Thaci, müssen sich seit November vor dem Den Haager Sondertribunal für Kriegsverbrechen verantworten.