Wie eine Reform den Kliniken helfen soll

    FAQ

    Entwurf bis zum Sommer:Wie eine Reform den Kliniken helfen soll

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    Personalnot, hohe finanzielle Belastungen, Versorgungsprobleme: Mit einer Reform will die Regierung die Krankenhäuser besser aufstellen. Was ist die Lage und was sind die Pläne?

    Baden-Württemberg, Blaubeuren: Im Krankenhaus verteilt ein Pfleger auf der Station Esssen.
    Eine Reform soll die Lage der Krankenhäuser in Deutschland verbessern.
    Quelle: Stefan Puchner/dpa

    Das deutsche Gesundheitssystem steckt in der Krise. Ohne eine tiefgreifende Reform drohe vielen Krankenhäusern die Insolvenz, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach Beratungen der Bund-Länder-Gruppe am Donnerstag in Berlin. 60 Prozent der Krankenhäuser hätten erhebliche Finanzprobleme. Das Personal und auch die Ausstattung mit Geräten reichten in vielen Fällen nicht mehr aus, um eine hochwertige Medizin zu gewährleisten.
    Bis zur Sommerpause will das Gesundheitsministerium mit den Ländern einen Referentenentwurf für eine Klinikreform ausarbeiten, die Vorstufe für einen Gesetzentwurf. Bereits im Dezember hatte Lauterbach gemeinsam mit der Expertenkommission Vorschläge vorgestellt.
    Wie ist die Lage der deutschen Krankenhäuser und welche Reformen sind geplant - ein Überblick:

    Wie viele Krankenhäuser und Behandlungsfälle gibt es?

    2021 gab es knapp 1.900 Krankenhäuser mit insgesamt 484.000 Betten - das sind 300 Kliniken und fast 66.000 Betten weniger als 20 Jahre zuvor. Rund 200.000 Mediziner und 486.000 Pflegende arbeiten aktuell in den Kliniken - deutlich mehr als 2001 (122.000 Ärzte und 415.000 Pflegekräfte).
    Die Zahl der behandelten Fälle ist ebenfalls deutlich gestiegen: Vor 20 Jahren waren es gut 17 Millionen Fälle pro Jahr, vor Corona dann mehr als 19 Millionen. Zwar ging die Zahl in den Pandemiejahren 2020 und 2021 wegen verschobener Behandlungen zurück. Langfristig ist wegen der alternden Gesellschaft aber mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Zudem gibt es laut Experten auch Fehlanreize, die zu steigenden Behandlungszahlen führen. 

    Woher kommen die finanziellen Probleme der Kliniken?

    Während der Corona-Pandemie sind den Kliniken Einnahmen weggebrochen. Behandlungen wurden verschoben, um Intensivbetten für mögliche Covid-Patienten freizuhalten. Die staatlichen Ausgleichszahlungen dafür konnten das nach DKG-Angaben nicht decken. Steigende Energiepreise und Inflation haben die Lage verschärft - Medikamente, Materialien, Transportkosten und Essen werden immer teurer.
    Die DKG kritisiert außerdem, dass die Länder, welche eigentlich für Investitionen von neuen Geräten und Renovierungen zuständig sind, ihre Pflichten vernachlässigen. Kliniken müssten dann dringend notwendige Dinge aus der eigenen Tasche bezahlen.

    Fallpauschalen: Warum gelten sie als Fehlanreiz?

    Vor allem die sogenannten Fallpauschalen gelten als ein großes Problem im Gesundheitssystem. Kliniken bekommen pro Patient oder Behandlungsfall einen pauschalen Betrag. Lauterbach spricht von einem "Hamsterrad-Effekt", möglichst viele Behandlungen auf möglichst billige Weise durchzuführen.
    Darunter kann auch die Qualität leiden, weil notwendige Behandlungen aus medizinischer Sicht unzureichend durchgeführt werden, damit es günstig bleibt. Gleichzeitig kommt es vielleicht zu Behandlungen, die nicht unbedingt nötig wären, etwa das Einsetzen von Knieprothesen. Durch die viele Arbeit kommt auch das Personal weiter unter Druck.

    Welche Änderungen im Kliniksystem sind geplant?

    Die Fallpauschalen sollen zwar nicht wegfallen, aber gesenkt werden. Im Gegenzug soll es sogenannte Vorhalteleistungen für die Kliniken geben: feste Beträge für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik.
    Zwischen den Kliniken soll es mehr Spezialisierungen geben und die Ressourcen sollen besser verteilt werden. Bundesweit ist eine einheitliche Einteilung der Kliniken in drei Stufen geplant:
    • wohnortnahe Kliniken zur Grund- und Notfallversorgung,
    • spezialisierte Häuser mit "Regel- und Schwerpunktversorgung" auf einem bestimmten Gebiet,
    • "Maximalversorger" wie Unikliniken, die alles machen.
    Auch innerhalb der Kliniken wird eine stärkere Spezialisierung angestrebt mit gezielten Aufträgen für bestimmte Leistungen (Leistungsgruppen). Statt einer allgemeinen Fachabteilung Innere Medizin, in der alles gemacht wird, könnte es beispielsweise je nach Klinik eine Spezialisierung auf Nieren-, Herz- oder Magen-Darm-Behandlungen geben.

    Wird die geplante Krankenhausreform die Probleme lösen?

    Es kommt darauf an, wie die konkreten Gesetzesänderungen am Ende aussehen. Die auf dem Tisch liegenden Vorschläge sehen zunächst eine über mehrere Jahre angelegte Systemumstellung vor, das würde kurzfristig wenig helfen.
    Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte bereits zusätzliches Geld gefordert: Der Bund solle die Kliniken mit jährlich 15 Milliarden Euro bei den Betriebskosten unterstützen. Eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung werde nicht durch reine Umverteilung gelingen.
    Bis zur Sommerpause will Lauterbach in Kooperation mit den Bundesländern einen ersten Gesetzesentwurf vorlegen.
    Quelle: dpa

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