Trump bezeichnet sich noch immer als betrogenen Sieger der US-Präsidentschaftwahl. Damit führt er die Republikaner in die Krise und riskiert Niederlagen an anderer Stelle.
Den bösen Geist, den sie rief, wird die Grand Old Party, wie die Republikaner hier auch genannt werden, so schnell nicht wieder los. Donald Trump stellt die Republikaner mit der Weigerung, seine Niederlage bei der US-Präsidentenwahl anzuerkennen, vor eine Zerreißprobe. Vielleicht bringt er seine Partei so um die Macht im Senat.
Die Republikaner waren einen schmutzigen Deal eingegangen: Trump mobilisierte mit seiner vulgären Art und rechter Rhetorik zahlreiche Wähler. Im Gegenzug akzeptierte die Partei einen Mann als Präsidenten, der sich um Anstand, Recht und Gesetz nicht besonders scherte.
Der Noch-Präsident bastelt an einer Legende
Nun, im Angesicht der Wahlniederlage, wird vollends klar, dass es Trump nur um sich selbst und seinen Machterhalt geht. Das Schicksal der Partei, die ihn auf den Schild gehoben hat, ist ihm gleichgültig. In mehreren besonders hart umkämpften Bundesstaaten verkündeten republikanische Gouverneure und Secretaries of State - die Innenminister der Bundesstaaten - Siege von Joe Biden. Und versetzten Trump damit in Rage.
- Trump sieht sich weiterhin als Wahlsieger
Bei einem Auftritt im Bundesstaat Georgia hat US-Präsident Donald Trump wieder das Ergebnis der Wahl im vergangenen Monat angezweifelt. Die Demokraten hätten betrogen, so Trump.
Denn er beharrt weiter darauf, der Wahlsieger zu sein. Sein Ziel: eine Legende stricken, dass ihm die Wahl gestohlen wurde. Tatsächlich glauben ihm das viele seiner Anhänger. Das Gerede vom angeblichen Wahlbetrug verfängt. In dem tief gespaltenen Land ist ein Klima entstanden, in dem es nur noch "Für" und "Gegen" gibt - kaum Platz für Argumente und Abwägungen.
Republikaner unter Beschuss von Trump-Anhängern
Das weiß Trump meisterlich für sich zu nutzen. Und das macht es für die Partei so schwer, sich ihm zu entziehen. Wer es als Republikaner wagt, die Niederlage des Präsidenten einzugestehen, bekommt es mit der wütenden Basis zu tun. Aufgepeitscht von Trumps Lügen schrecken viele seiner Anhänger selbst nicht mehr davor zurück, die sogenannten Verräter - zum Teil einfache Wahlhelfer - mit Mord zu bedrohen.
Trump hat die Präsidentschaftswahl verloren. Dass er geht, können die Republikaner verkraften. Allerdings brauchen sie seine Wähler.
Besonders im Bundesstaat Georgia spitzt sich die Lage gefährlich zu. Als der dortige Secretary of State Brad Raffensperger Bidens Sieg verkündete, fing Trump an, Stimmung gegen den Republikaner zu machen. Raffensberger erhält mittlerweile Morddrohungen. Gabriel Sterling, ein Mitarbeiter der Wahlbehörde in Georgia, wandte sich in einem eindringlichen Appell an Trump: "Hören Sie auf! Schreiten Sie ein, sagen Sie Ihren Unterstützern: Seid nicht gewalttätig!"
In Georgia stehen zwei Senatssitze auf dem Spiel
Für die Republikaner steht in Georgia viel auf dem Spiel. In einer Stichwahl am 5. Januar wird dort über zwei Senatssitze entschieden, die derzeit noch in republikanischer Hand sind. Gewännen die demokratischen Bewerber, dann gäbe es ein Patt im Senat und die Stimme der zukünftigen Vizepräsidentin Kamela Harris wäre entscheidend.
Joe Biden könnte dann mit Mehrheiten in beiden Kammern seine Vorhaben durchbringen. Für viele Republikaner eine Schreckensvision. Doch das scheint Trump nicht zu interessieren. Bei einem Auftritt in Valdosta, Georgia, wiederholte er am Wochenende seine haltlosen Behauptungen vom Wahlbetrug.
Trump hat Vertrauen in faire Wahlen erschüttert
Gleichzeitig appellierte er zwar an seine Anhänger, bei der Stichwahl für die republikanischen Kandidaten zu stimmen. Doch fragen sich nun viele: Was nutzt meine Stimme, wenn es bei Wahlen doch angeblich sowieso nicht mit rechten Dingen zugeht? Das zeigt, wie schwer Trump bereits die Demokratie beschädigt hat.
Das Vertrauen in faire Wahlen dürfte auf Jahre erschüttert sein. Und immer noch spielen viele führende Republikaner das schmutzige Spiel mit. Eine Umfrage der "Washington Post" ergab gerade, dass bisher nur eine kleine Minderheit der republikanischen Abgeordneten im Kongress bereit ist, Joe Biden als gewählten Präsidenten anzuerkennen. Viele haben wohl Angst, dass sie sonst Trumps Rache zu spüren bekommen. Denn der hat angedeutet, in vier Jahren wieder anzutreten. Wie gesagt: Den Geist, den die Grand Old Party gerufen hat, wird sie so schnell nicht wieder los.
- Kongresswahlen in den USA
Die US-Kongresswahlen im November entscheiden über die parlamentarische Mehrheit der Regierung Biden und sind ein Gradmesser für den Einfluss von Ex-Präsiden...