Der Tod von George Floyd erschütterte vor zwei Jahren die Welt. Nun sorgt ein Fall in Akron, Ohio für Entsetzen. An der Leiche fand die Gerichtsmedizin mehr als 60 Schusswunden.
Der Tod eines Schwarzen in einem Kugelhagel der Polizei im Bundesstaat Ohio hat in den USA gut zwei Jahre nach dem Fall von George Floyd neue Bestürzung ausgelöst. Die Polizei in der Stadt Akron veröffentlichte am Sonntag mehrere Videos eines Polizeieinsatzes am 27. Juni.
Auf den Körperkamera-Aufnahmen der Beamten ist zu sehen, wie der 25 Jahre alte Jayland Walker nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei mit Dutzenden Schüssen getötet wird. Zu diesem Zeitpunkt war er Polizeiangaben zufolge nicht bewaffnet. In den USA kommt es immer wieder zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art.
Mehr als 60 Schusswunden festgestellt
Polizeichef Stephen Mylett sagte am Sonntag, Walkers Leiche weise nach einer Untersuchung der Gerichtsmedizin mehr als 60 Schusswunden auf. Zunächst blieb allerdings offen, wie oft der 25-Jährige genau getroffen wurde, da es sich laut Mylett sowohl um Einschüsse als auch um Austrittswunden von Kugeln handeln könnte. Der sichtlich betroffene Polizeichef sprach der Familie des Toten sein Beileid aus.
Der Tod von George Floyd hat die USA verändert. Auf der Straße und in der Politik wird die Forderung nach einem Richtungswechsel im Umgang mit Schwarzen bunter und aggressiver.
Die Polizei teilte mit, Beamte hätten Walker wegen eines Verkehrsdelikts stoppen wollen. Der 25-Jährige habe nicht angehalten. Während der Verfolgungsjagd hätten Beamte gemeldet, dass der Verdächtige einen Schuss aus dem fahrenden Auto abgegeben habe - auf dem Fahrersitz seien später eine Handfeuerwaffe und ein geladenes Magazin gefunden worden.
Der Mann habe schließlich die Flucht zu Fuß fortgesetzt und dabei eine Skimaske getragen. Die Beamten hätten zunächst erfolglos versucht, ihn mit Tasern zu stoppen. Auf einem Parkplatz habe der Verdächtige angehalten und sich den Polizisten zugewandt. Diese hätten dann geschossen.
Fall George Floyd sorgte für weltweites Entsetzen
Stellvertretend für Gewalt gegen Schwarze bei brutalen Polizeieinsätzen steht der Fall von George Floyd: Im Mai 2020 war der unbewaffnete Afroamerikaner bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben gekommen. Videos von Passanten dokumentierten, wie ihn Polizisten zu Boden drückten.
Der weiße Beamte Derek Chauvin presste sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser immer wieder flehte, ihn atmen zu lassen. Der Fall führte damals zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Seitdem gibt es immer wieder Bestürzung über ähnliche Fälle.
Im Fall von Walkers Tod sicherte Ohios Justizminister Dave Yost eine umfassende Untersuchung zu. "Die Menschen wollen und verdienen Antworten, und sie sollen sie bekommen", teilte Yost mit. Er warnte zugleich vor voreiligen Schlüssen. Körperkamera-Aufnahmen seien nur ein Teil des Gesamtbildes. Er sicherte zu, dass die Ermittlungsakte nach Abschluss des Falles veröffentlicht werde.
Tränengas bei Protesten in Akron, Ohio
In Akron kam es wegen des tödlichen Polizeieinsatzes gegen Walker zu Protesten. Der örtliche Sender WKYC berichtete, die Polizei habe am späten Sonntagabend vor dem Justizzentrum in der Stadt Tränengas eingesetzt, nachdem Demonstranten dort Sperren umwarfen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Demonstranten Schilder mit Aufschriften wie "Black Lives Matter" ("Schwarze Leben zählen") oder "Jail Killer Cops" (in etwa: "Steckt Killer-Polizisten ins Gefängnis") in die Höhe hielten.
Bürgermeister Dan Horrigan rief die Menschen in der Stadt auf, friedlich zu bleiben. Er nannte die Videoaufnahmen der Körperkamera der Polizei "herzzerreißend". "Es ist sehr schwer zu ertragen", sagte er bei einer Pressekonferenz. Auch die Mutter des Getöteten, Pamela Walker, hatte sich im örtlichen Fernsehen geäußert. "Ich kann nur sagen, dass ich noch nie in meinem Leben so traurig war", sagte sie.
Polizei hielt Walker für "tödliche Bedrohung"
US-Senator Sherrod Brown aus Ohio nannte den Tod Walkers "eine Tragödie". Er schrieb auf Twitter:
Die Polizei hatte zunächst in einer Pressemitteilung vergangene Woche erklärt, dass das Verhalten des Verdächtigen die Beamten zu der Überzeugung gebracht habe, dass er eine tödliche Bedrohung für sie darstelle.
Tödliche Verfolgungsjagd statt Strafzettel
Polizeichef Mylett sagte: "Die genaue Anzahl der abgefeuerten Schüsse ist uns nicht bekannt." In Medien war von etwa 90 Schuss die Rede.
Mylett sagte, dass dies realistisch sein könne. Acht Polizisten seien dabei "direkt involviert" gewesen. Sie seien beurlaubt worden, solange der Vorfall untersucht wird.
Der Anwalt der Familie, Bobby DiCello, sagte der Zeitung "Beacon Journal":
In seinen 22 Jahren als Anwalt habe er so etwas noch nicht erlebt. Er stellte auch infrage, dass Walker wirklich während seiner Flucht aus dem Auto geschossen habe. Die Polizei argumentierte, dass ein Schussgeräusch zu hören gewesen sei und gleichzeitig ein "Lichtblitz an der Fahrerseite des verdächtigen Fahrzeugs zu sehen ist".
- Proteste nach Tod von Schwarzem durch Polizei
In der Stadt Akron im US-Staat Ohio wurde ein 25-jähriger Afroamerikaner vor Tagen durch dutzende Polizeikugeln getötet. Seitdem reißen die Proteste gegen seinen Tod nicht ab.