Als erste UN-Menschenrechtskommissarin seit 17 Jahren ist Michelle Bachelet nach China gereist. Direkte Kritik deutet sie nur an - und sorgt damit für Entrüstung.
Die UN-Menschenrechtskommissarin Bachelet schwieg bei ihrem China-Besuch zu den Bedingungen, unter denen die Uiguren in Xinjiang leben. Auch in Deutschland hatten viele auf den Besuch gehofft, die Verwandte in den sogenannten Umerziehungslagern vermissen.
Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat zum Abschluss ihres umstrittenen China-Besuchs Kritik größtenteils ausgespart. Es habe sich bei ihrem Besuch nicht um eine "Untersuchung" gehandelt, sagte Bachelet am Samstag bei der Abschlusskonferenz in der südchinesischen Stadt Guangzhou. Sie habe die chinesische Regierung dazu aufgefordert, ihre Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung zu überprüfen, damit diese internationalen Menschenrechtsstandards entsprechen. Direkte Kritik äußerte sie nicht.
Aktivistengruppen nach Bachelets China-Besuch enttäuscht
Internationale Aktivistengruppen zeigten sich enttäuscht. "Die Hochkommissarin hat der chinesischen Regierung einen politischen Erfolg beschert", teilte der Geschäftsführer der NGO "International Campaign for Tibet", Kai Müller, mit. Bachelet habe es versäumt, die "systematischen und fürchterliche Menschenrechtsverletzungen" der chinesischen Regierung beim Namen zu nennen.
Die 70-Jährige besuchte während ihrer sechstägigen Reise unter anderem die Städte Kashgar und Ürümqi in der nordwestchinesische Region Xinjiang, wo nach Angaben von Menschenrechtlern Hunderttausende von Uiguren und Mitgliedern anderer Minderheiten in Umerziehungslager gesteckt worden sind. Dort traf sie auch mit hochrangigen Regierungsvertretern zusammen. Dabei habe sie nach eigenen Angaben auch unüberwachten Zugang zu Mitgliedern aus der Zivilgesellschaft und religiöser Gruppen erhalten.
Besuch schon seit 2019 geplant
Mit Bachelet ist erstmals seit 17 Jahren wieder eine UN-Menschenrechtskommissarin in die Volksrepublik China eingereist. Dem Besuch war ein langes Tauziehen vorangegangen. Schon seit 2019 lag Bachelet eine chinesische Einladung vor. Peking wollte jedoch zunächst nicht auf ihre Bedingungen dafür eingehen. Dazu gehört der ungehinderte und unüberwachte Zugang zu Gesprächspartnern, die ihr Büro selbst aussuchen wollte.
Vor Monaten sollte ihr Büro einen mit Spannung erwarteten Bericht über Xinjiang vorlegen. Die Veröffentlichung wurde jedoch immer wieder hinausgeschoben. Bereits 2018 sprach sie bei ihrer ersten Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat von "zutiefst beunruhigenden Vorwürfen über willkürliche Inhaftierungen von Uiguren und anderen muslimischen Gemeinschaften (...) in sogenannten Umerziehungslagern in ganz Xinjiang".
Die Enthüllung tausender offizieller Dokumente aus der Region Xinjiang hat erneut ein Schlaglicht auf die massenhafte Internierung muslimischer Uiguren in China geworfen.
Aktivisten: Bachelets Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel
Beobachter vermuten hinter der verzögerten Veröffentlichung Druck aus China, das eine Bekanntgabe vor den Olympischen Winterspielen in Peking oder vor ihrer Visite verhindern wollte, wie es hieß. Bachelets Bericht war im vergangenen Jahr schon fertig. Das Vorgehen brachte ihr viel Kritik ein.
Mit der China-Reise steht jetzt aus Sicht von Aktivisten nicht nur ihre eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, sondern auch die des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen, in denen China als Veto-Macht im Sicherheitsrat seinen Einfluss geltend macht.