Infrastruktur schützen: "Nicht Frieden, noch nicht Krieg"

    Gefährdete Infrastruktur:Bundeswehr: "Nicht Frieden, noch nicht Krieg"

    09.10.2022 | 07:44
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    Der Krieg in der Ukraine, aber auch der Sabotageakt bei der Bahn geben zu denken: Es mehren sich Rufe nach einem besseren Schutz der kritischen Infrastruktur in Deutschland.

    Bahngleise in München.
    Pipelines, Gleise, Kraftwerke: Ist die Infrastruktur in Deutschland zunehmend von Angriffen bedroht?
    Quelle: dpa

    Bundeswehr-General Carsten Breuer hat vor zunehmenden Angriffen auf die Infrastruktur in Deutschland gewarnt. "Jede Umspannstation, jedes Kraftwerk, jede Pipeline kann attackiert werden, kann ein mögliches Ziel sein", sagte der Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr der "Bild am Sonntag". Im Kommando sei man "vor allem auf hybride Bedrohungen" eingestellt.

    Das ist der Zustand zwischen nicht mehr ganz Frieden, aber auch noch nicht richtig Krieg.

    Carsten Breuer, Bundeswehr-General

    Hintergrund sei der Angriff Russlands auf die Ukraine und die neue Sicherheitslage in Europa. "Der Krieg Russlands hat dazu geführt, dass unser Schwerpunkt wieder auf der Landes- und Bündnisverteidigung liegt. Dem ganzen Land ist klar geworden: Krieg in Europa ist wieder möglich."
    Anschläge und Einflussnahmen aus dem Ausland könnten zunehmen. "Es geht hier nicht um eine feindliche Armee mit Soldaten und Panzern, die unser Land angreift", betonte Breuer. "Aber es gibt Einflussnahmen, mit Anschlägen auf Infrastruktur und mit Cyberangriffen, oder zum Beispiel Aufklärungsflüge mit Drohnen über Kasernen. Also Nadelstiche, die in der Bevölkerung, die bei uns Verunsicherung schüren und das Vertrauen in unseren Staat erschüttern sollen."
    Die Sicherheitsbehörden müssten sich auf diese Bedrohungslage einstellen, sagte Breuer der Zeitung. "Hysterie ist ein schlechter Ratgeber", gab der Bundeswehr-General zu bedenken. Allerdings sollte jedem Bürger klar sein, "dass er sein individuelles Verhalten ändern sollte" - dazu gehöre zum Beispiel die mentale Einstellung oder auch die Anschaffung einer Taschenlampe und eines Radios mit ausreichend Batterien für zu Hause, also unabhängig von der Stromversorgung aus der Steckdose.

    Sabotage bei Bahn gibt zu denken

    Auch an anderen Stellen mehren sich die Forderungen nach einem besseren Schutz der Infrastruktur, nicht zuletzt mit Blick auf den Sabotage-Akt gegen die Deutsche Bahn. Eine gezielte Sabotage am Kabelnetzwerk der Deutschen Bahn hatte am Samstagmorgen den Zugverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands für rund drei Stunden lahmgelegt. Verkehrsminister Wissing zufolge wurden dabei Kabel "mutwillig und vorsätzlich durchtrennt".
    Die Hintergründe sind bislang unklar. Der SPD-Fraktionsvize und Verkehrspolitiker Detlef Müller forderte dazu von der Bahn, Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und den Sicherheitsbehörden ein Konzept. Zur kritischen Infrastruktur gehörten nicht nur Schienen und Züge, sondern auch digitale Leit- und Sicherungstechnik, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Technik müsse beim Neubau und der Sanierung von Strecken "zugriffssicher verlegt werden".
    Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, rief dazu auf, die Ergebnisse der Polizeiermittlungen abzuwarten. "Unabhängig von diesem Fall müssen wir über die Sicherheitsarchitektur Deutschlands und der EU neu nachdenken", sagte Frei dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

    Das neue Zeitalter hybrider Kriegsführung verlangt eine Anpassung unserer Konzepte.

    Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion

    Die Grünen erneuerten ihre Forderung, Mittel aus dem Bundeswehr-Sondervermögen für den Schutz der kritischen Infrastruktur zu verwenden. Das sei bislang jedoch am Widerstand der Union gescheitert, sagte die erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir sind bereit, hier nachzubessern", sagte Mihalic und forderte, die Mittel ansonsten aus dem Haushalt bereitzustellen.
    Quelle: dpa, AFP

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