Kevin Kühnert widerspricht bei Markus Lanz der These, "Strippenzieher" der SPD zu sein und gesteht Fehler im Umgang mit Olaf Scholz ein. Zu Fragen zu den Sondierungen schweigt er.
Kevin Kühnert (SPD) gibt bei Markus Lanz zu: In der Vergangenheit sind er sowie die Jusos "mitunter ungerecht mit Olaf Scholz umgegangen".
Am Donnerstagabend sprach Kevin Kühnert bei Markus Lanz über seine Position innerhalb der SPD, die sich aktuell mit Grünen und FDP in Sondierungsgesprächen für eine potentielle Ampel-Koalition befindet.
Kühnert: Keine Standleitung zur Ampel
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD sagte zunächst, er sei im Moment nicht in die Ampel-Sondierungen eingebunden. "Aber Sie wissen doch genau, was da passiert", entgegnete ihm Markus Lanz. Kevin Kühnert widersprach knapp: "Ne, tatsächlich nicht. Ehrliche Antwort."
Ob er denn nicht mit Lars Klingbeil oder Olaf Scholz telefoniere, hakte Lanz bei ihm nach. Der ehemalige Juso-Vorsitzende kokettierte: "Ich könnte natürlich anrufen und versuchen, irgendwas herauszufinden. Aber warum sollte ich?"
"Interessiert Sie das nicht?", fragte Markus Lanz. Der 32-jährige Kühnert erwiderte: "Ich weiß, wofür sich unsere Verhandlungsdelegation, die sechs Leute, die wir schicken, einsetzen. Das sind gemeinsame strategische Erwägungen, auf denen wir unseren Wahlkampf aufgebaut haben. Ich muss mich nicht jeden Tag rückversichern, ob das noch gilt, sondern das ist unsere Geschäftsgrundlage. Die werden das Kind schon schaukeln."
Und nochmals hinterfragte Lanz die Aussagen seines Gastes. Denn Kühnerts Einfluss auf die Partei sei "enorm groß".
Lanz: Kühnert Strippenzieher der SPD
Markus Lanz wollte von Kevin Kühnert wissen, was er denn momentan mache, wo er doch nicht an den Sondierungsgesprächen beteiligt sei. "Ich bereite mich gerade auf Koalitionsverhandlungen, so sie denn kommen, in meinen Zuständigkeitsbereichen vor, in der Hoffnung, dass ich mit verhandeln darf", antwortete Kühnert. Ansonsten sei er als "frisch gewählter Abgeordneter" damit beschäftigt, seine "Arbeitsfähigkeit" im Bundestag herzustellen.
Kühnert komme daher wie jemand, der "wie ein scheues Reh gerade zum ersten Mal diesen Bundestag betritt, mit der Konsistenz eines weißen, flauschigen Kaninchens", sagte Markus Lanz lächelnd.
Der Moderator habe nicht schlecht gestaunt, nachdem er die ARD-Dokumentation "Kevin Kühnert und die SPD" gesehen hatte und dachte, Kühnert sei "der größte Strippenzieher, den die SPD seit langer Zeit gesehen hat".
Kevin Kühnert quittierte diese Aussage knapp: "Ich würde die These nicht teilen."
Kühnert: Ungerechter Umgang mit Olaf Scholz
Auf die Frage, ob Olaf Scholz der beste aller denkbaren Kandidaten für die Kanzlerschaft gewesen sei, reagierte Kevin Kühnert ausweichend: "Das ist eine komische Kategorie. Das würde ich auch bei niemand anderem unterschreiben." Und doch gestand er einen Fehler ein:
Doch das Bad, durch das die SPD seit der Wahl der Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gegangen sei, habe "eher geholfen", so Kühnert bei Lanz. Denn Anfang 2020 habe sich das neu gewählte Parteipräsidium das "Missionsziel" gegeben, die Bundestagswahl zu gewinnen und eine Regierung anzuführen.
"Wir haben uns in ganz kleiner Runde geschworen, dass wir dem alles - auch die persönlichen Vergangenheiten, die man miteinander hat - unterordnen wollen. Das ist die Chemie, die die Voraussetzung für diesen Wahlerfolg geschaffen hat", resümierte Kevin Kühnert am Donnerstagabend bei Markus Lanz.
Die ganze Sendung vom 14. Oktober 2021 sehen Sie hier: