Die Länder tagen und tagen: Sie suchen eine Verhandlungslinie gegen den Bund. Schließlich geht es um viel Geld, um die schlimmsten Härten der Energiekrise abzufedern.
Die Probleme sind riesig, ihre Lösung schwierig. Offensichtlich so kompliziert, dass vermutlich manchem die Corona-Erkrankung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht ganz unrecht gekommen sein mag. Sie verschafft zumindest den Ländern und der Bundesregierung etwas mehr Zeit, ihre Verhandlungspositionen festzuzurren, bis es nächste Woche ein neues Treffen geben soll. Denn in der Lösung der Energiekrise geht es vor allem um eins: um viel Geld. Was zahlt der Bund, was die Länder, hält die geplante Schuldenbremse?
SPD-Länder mit mehr Beratungsbedarf
Die Länder wollten ihre heutige Sitzung nutzen, um ihre Positionen abzustimmen. Doch das scheint komplizierter als zunächst erwartet. Die Pressekonferenz am Nachmittag wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Vor allem die SPD-Länder, so hieß es, hätten noch Abstimmungsbedarf.
Noch am Vormittag waren sich die Länder, egal von welcher Partei regiert, ziemlich einig: Der Bund müsse mehr tun. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident, Hendrik Wüst (CDU), der nur noch diesen Monat Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, forderte:
"Die Länder strecken dem Bund die Hand ausdrücklich aus, damit es zeitnah zu einem gemeinsamen Signal der Hoffnung für viele Menschen kommen kann", so Wüst.
Die bisherigen Maßnahmen reichten nicht, hatte auch Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) gegenüber der "Welt" betont. Wichtige Bereiche, die von der Energiekrise betroffen seien, würden noch nicht hinreichend berücksichtigt.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte insgesamt "einen großen Wurf". Zweifel, ob man am Mittwoch schon eine Linie finden werde, gab es aber auch. Man wolle "heute ein bisschen vorberaten", sagte Ministerpräsident Malu Dreyer (SPD).
Blockade im Bundesrat?
Die Bundesregierung hatte Anfang des Monats ein 65 Milliarden Euro umfassendes drittes Entlastungspaket als Ausgleich für rasant steigende Preise vorgestellt. Dazu zählen Einmalzahlungen für Rentner und Studierende sowie ein Preisdeckel für einen Grundbedarf an Strom. Der Bund bietet Geld für ein Folgeangebot des 9-Euro-Tickets an - wenn die Länder dies mitfinanzieren.
Die Finanzierungsfragen sind allerdings zwischen Bund und Ländern noch nicht geklärt. Die Ministerpräsidenten wehren sich vehement gegen zu hohe Kostenlasten und kritisieren den Stil der Ampel-Koalition bei ihrem nicht mit den Ländern abgesprochenen Aufschlag. Einzelne Länder drohten bereits mit Blockaden im Bundesrat.
- Wie könnte ein Gaspreisdeckel aussehen?
Die Gasumlage steht auf der Kippe, die Rufe nach einem Gaspreisdeckel werden dagegen immer lauter. Was das genau bedeutet, und welche Vor- und Nachteile sich daraus ergeben.
Ampel ohne Einigung zur Gaspreisbremse
Doch alle Forderungen der Länder haben einen Haken: So lange sich die Ampel-Koalition nicht auf die Finanzierung einer Bremse der Gaspreise als Ersatz zur Gasumlage geeinigt hat, müssen auch die Länder warten. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte heute Mühe, in der Bundespressekonferenz konkrete Fragen abzuwehren. "Die Gespräche sind auf einem guten Weg." Er müsse "ein bisschen um Geduld bitten". Die Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte: "Wir arbeiten an einer Lösung." Das Wort vom "Hochdruck" fiel auch noch mehrfach.
Dabei drängt die Zeit: Am 1. Oktober sollte eigentlich die Gasumlage wirksam und ab Ende Oktober fällig werden. Dann müssten Gas- und Fernwärmekunden 2,4 Cent pro Kilowattstunde mehr bezahlen. Seit der Übernahme des Bundes des Gasimporteurs Uniper rückten aber die Ampel-Parteien nach und nach von ihr ab. Hintergrund ist, dass sowohl Unternehmen als auch private Gaskunden vor einer Überbelastung warnen. Ein Gaspreisbremse könnte jedoch für den Steuerzahler teuer werden, die Aufhebung der Schuldenbremse lehnt jedoch die FDP bislang ab.
Die Verhandlungen über den Gaspreideckel scheinen aber inzwischen weiter zu gehen, heißt es aus Regierungskreisen. Trotz der Corona-Erkrankung von Kanzler Scholz. Er war bei der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag und der Kabinettssitzung an diesem Vormittag virtuell zugeschaltet. Nur beim Länder-Treffen - nicht.