Lambrecht zu Rüstungsprojekten: "Gemeinsam sind wir stärker"

    Interview

    Ministerin zu Rüstungsprojekten:Lambrecht: "Gemeinsam sind wir stärker"

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    Europa bekommt einen gemeinsamen Raketenabwehrschirm. Deutschland hat die Führungsrolle im Milliardenprojekt. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht erklärt die Hintergründe.

    Deutschland will zusammen mit 14 verbündeten Ländern eine europäische Luftverteidigung aufbauen. Insgesamt 15 Staaten unterzeichneten am Donnerstag am Rande des Nato-Rats in Brüssel eine Absichtserklärung für einen "European Sky Shield".
    Im Interview mit den heute journal betonte Lambrecht, es sei wichtig auszusprechen, dass bei der Luftverteidigung eine Lücke bestehe, aber dann auch zu handeln. "Und deswegen sind wir da als Deutschland jetzt auch in die Führung gegangen und haben andere Staaten aufgefordert, auch gebeten, mit uns zusammen diese Lücken zu schließen in Bezug auf die Luftverteidigung", so Lambrecht.

    Lambrecht: Gemeinsame Luftverteidigung ist günstiger

    Deutschland sei schon in Gespräche gegangen "in Bezug auf die Beschaffung von womöglich einem Arrow-3-System, aber auch in Bezug auf die Beschaffung von Patriots, von Iris-T", sagte Lambrecht unter Verweis auf Flugabwehrsysteme verschiedener Hersteller.
    "Aber natürlich übernehmen wir nicht die komplette Finanzierung, so ist das Ganze auch nicht angedacht. Aber wenn wir gemeinsam bestellen, wenn wir gemeinsam beschaffen, dann haben wir auch die Möglichkeit, durch eine hohe Stückzahl eben auch andere Preise zu erzielen", so die Ministerin.

    Denn wenn wir gemeinsam beschaffen, wird es günstiger. Wenn wir gemeinsam beschaffen, dann ist es interoperabel. Und das ist das Gebot der Stunde, jetzt auch dafür zu sorgen, dass wir alle Möglichkeiten nutzen. Und gemeinsam sind wir da stärker.

    Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht

    Jedoch haben mit Frankreich und Polen bereits zwei Staaten der "European Sky Shield Initiative" eine Absage erteilt. "Das sind unterschiedliche Beweggründe, die Entscheidungen, eigene Beschaffungen oder andere Beschaffungen durchzuführen. Und das ist auch völlig in Ordnung", sagte Lambrecht dazu.

    Wie steht es um Flugabwehrwaffen für die Ukraine?

    In dieser Woche überstellte Deutschland der Ukraine das erste von vier Luftverteidigungssystemen Iris-T SLM. Diese und andere Waffensysteme können jedoch nur einen Teil des ukrainischen Luftraums über Großstädten vor russischen Angriffen schützen. Die drei verbleibenden Iris-T SLMs wird die deutsche Industrie erst 2023 liefern können.
    Wie lange müssen die Menschen in der Ukraine also auf Schutz warten? "Es darf keine Jahre dauern, sondern es muss jetzt sehr, sehr zügig gehen. Und es geht auch zügig", sagte Lambrecht im ZDF und verwies auf das jüngste Treffen der Ukraine-Unterstützungsgruppe am Mittwoch in Ramstein.

    Muss sich Deutschland vor Putins Atomdrohungen sorgen?

    Der russische Präsident Wladimir Putin droht weiter mit dem Einsatz von Atomwaffen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte am Mittwoch im ZDF-Interview, dass "Europa seine Angst vor Russland noch nicht abgelegt habe". Wie soll Deutschland agieren?

    Wir müssen genau beobachten und wir müssen vor allen Dingen ganz klar und deutlich machen: Der Einsatz von nuklearen Waffen überschreitet jede rote Grenze.

    Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht

    "Mir ist ganz wichtig, dass wir diese Drohungen ernst nehmen, dass wir sie nicht abtun, dass wir uns davon aber auch auf keinen Fall lähmen lassen, sondern dass wir sehr genau beobachten, welche Bewegungen beispielsweise in Russland geschehen, welche Bewegungen bei Übungen erfolgen, und ob sich daraus Rückschlüsse ziehen lassen auf mögliche Initiativen", sagte Lambrecht.
    Solche Informationen hätten bislang weder Deutschland noch andere Alliierte.

    Kann sich Deutschland im Notfall verteidigen?

    Gegenüber dem heute journal gibt sich die Verteidigungsministerin überzeugt, dass Deutschland sich im Falle eines größeren Konflikts verteidigen könnte.

    Wir können zumindest gewährleisten, dass die Bundeswehr dafür sorgen kann, dass die Landes- und Bündnisverteidigung gewährleistet ist. Ja, das kann ich zusagen.

    Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht

    Sicherheitsexperten ziehen das jedoch in Zweifel. Vor allem die Bestände an Munition sind seit Jahren knapp. Am Montag berichtete das Nachrichtenportal "Business Insider" unter Verweis auf Experten, dass die Bundeswehr lediglich "Munition für maximal zwei Tage Krieg" habe.
    "Wir bräuchten allein 20 Milliarden Euro zusätzlich für die Munitionsbeschaffung. Gleichzeitig gibt es nicht genügend Munitionslager. Das zeigt, hier braucht es noch eine große Kraftanstrengung", sagte die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), gegenüber "Business Insider".
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    Quelle: ZDF, AFP

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