Verteidigungsministerin Lambrecht behauptet im Bundestag, der Flugabwehrpanzer Gepard sei kein Panzer. Das war mindestens ungeschickt formuliert.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach am Mittwoch im Bundestag zu deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Dabei sagte sie auch einen Satz, der Rätsel aufgibt:
Schon im Parlament sorgte das für Stirnrunzeln. Weshalb sei der Schützenpanzer Marder ein Panzer, der Flugabwehr-Panzer Gepard hingegen nicht, kam direkt der Widerspruch aus der Union. "Natürlich ist es beides schwer, hat beides große Rohre. Aber es ist eben kein Panzer", wiederholte Lambrecht ihre Panzer-Definition. Gegen die Weitergabe der Marder an die Ukraine sperrt sich die Bundesregierung mit Verweis darauf, dass man "keine Panzer westlicher Bauart" an Kiew abgeben werde.
Auch Lambrecht-Ministerium nannte Gepard bereits "Panzer"
Tatsächlich nutzt auch Lambrechts Verteidigungsministerium (BMVg) den Begriff Panzer nicht einheitlich. Auch das Ministerium selbst bezeichnete den Gepard schon als "Panzer". In einer Pressemitteilung, mit der das Ministerium die Gepard-Lieferung an die Ukraine Ende April ankündigte, hieß es: "Die Panzer des Typs Gepard stammen aus Industriebeständen." Und: "Mit den Flugabwehr-Panzern liefert Deutschland erstmals gebrauchte Panzer ohne Ringtausch über osteuropäische Drittländer."
Der Militärexperte Carlo Masala von der Bundeswehr-Uni München sagt ZDFheute dazu:
Lambrecht verwies im Bundestag auf den Generalinspekteur und "die militärische Beratung", die definieren würden, dass der Gepard kein Panzer sei.
Seit Christine Lambrecht ihren Sohn auf einen Helikopter-Flug Richtung Sylter Ferien-Domizil mitnahm, steht die Ministerin massiv unter Druck.
Verteidigungsministerium unterscheidet Panzer-Gattungen
In der Broschüre "Waffensysteme und Großgerät" listet das BMVg etwa die gepanzerten Fahrzeuge auf, die derzeit bei der Bundeswehr im Einsatz sind. Der Gepard taucht dort nicht mehr auf, er wurde bereits 2010 außer Dienst gestellt. In diesem Dokument ist quasi nie isoliert von "Panzern" die Rede - sondern stets von "Kampfpanzern", "Radpanzern" oder "Schützenpanzern". Meist unterscheidet die Bundeswehr also zwischen diesen hochspezialisierten technischen Bezeichnungen und verzichtet auf den Gattungsbegriff "Panzer".
Der Twitter-Nutzer "Der Gepardkommandant", bekannter Experte für das gleichnamige Waffensystem, nimmt Lambrecht in Schutz: "Technisch gesehen ist der Gepard ein 'Autonomes Flugabwehrgeschütz auf Selbstfahrlafette'."
Die Geheimhaltung wurde aufgehoben, die Liste deutscher Waffenlieferungen ist nun öffentlich. Etwa 30 Gepard-Flakpanzer sind darunter. Lesen Sie hier, was noch:
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So sind Kampfpanzer in internationalen Verträgen definiert
Marcus Faulkner, Militärhistoriker am King’s College London, verweist auf Twitter auf den KSE-Vertrag von 1990, in dem die Obergrenzen für schwere Waffen in Europa am Ende des Kalten Krieges festgelegt wurden. Darin sind auch Definitionen für Panzer enthalten.
Der Flakpanzer Gepard basiert technisch auf dem Fahrgestell eines Leopard 1 Kampfpanzers. Dieser wird im KSE-Vertrag explizit als "Kampfpanzer" aufgeführt. Auf dieses gepanzerte Gestell hat man allerdings einen anderen Geschützturm gesetzt - mit Radaranlagen und zwei 35mm-Maschinenkanonen zur Flugabwehr.
Im KSE-Vertrag heißt es weiter, dass die Bewaffnung eines Kampfpanzers mindestens Kaliber 75mm aufweisen müsse, also mehr als der Gepard. Flugabwehrsysteme wie der Gepard sind im Vertrag nicht separat gelistet. "Der Gepard ist ein Panzer und kein Panzer gleichzeitig", schreibt Faulkner dazu. "Es ist Ihre Entscheidung."
Unterschied zwischen Kampfpanzern und anderen
Auch Militärexperte Masala glaubt, dass Lambrecht vermutlich den Unterschied zwischen dem Gepard-Flugabwehrpanzer und einem Kampfpanzer betonen wollte:
Der Gepard feuere zur Flugabwehr dagegen vor allem in die Luft. "Aber natürlich kann man damit auch Menschen, Häuser oder gepanzerte Fahrzeuge treffen."
Lambrecht hatte dagegen gesagt: "Der Gepard ist ja dafür da, Infrastruktur zu schützen dadurch, dass er dann mit diesem Rohr in die Luft schießt."
Fazit: Indem sie einen Geparden keinen Panzer nennt, begibt sich Verteidigungsministerin Lambrecht begrifflich auf Glatteis - auch wenn Experten einordnen können, auf welche Unterscheidung sie vermutlich hinweisen wollte. Sie stolpert darüber, dass die technischen Definitionen der Bundeswehr oft kaum zum alltäglichen Sprachgebrauch der meisten Menschen passen. Für eine Ministerin, die wegen ihrer Kommunikation schon häufiger in der Kritik stand, eine weitere vermeidbare Ungenauigkeit.
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