Bayern-Wahl: Zeitenwende oder "Weiter so"?

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    Christoph Wiesel
    von Christoph Wiesel
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    Neun Monate vor der Landtagswahl bringen sich die Parteien in Bayern in Stellung. Wer antritt und wie die Chancen auf einen Regierungswechsel stehen.

    Blick auf den bayerischen Landtag. Archivbild
    Blick auf den bayerischen Landtag. Archivbild
    Quelle: Keller Damm Kollegen GmbH/Bayerischer Landtag/dpa

    An Selbstbewusstsein mangelt es Markus Söder eigentlich nicht. Schon fast bescheiden wirkt da, was der CSU-Chef und Ministerpräsident für die Landtagswahl ausgegeben hat: Fortsetzung der Koalition, Weitermachen mit den Freien Wählern, so ist Söders Ziel. Kein Wort dagegen von der absoluten Mehrheit, vom jahrelangen Anspruch der CSU, allein zu regieren.

    CSU in Umfragen bei 41 Prozent

    Es ist eine demonstrative Zurückhaltung, die freilich vor allem damit zu tun hat, dass eine Alleinherrschaft für die CSU gerade in weiter Ferne scheint. Die Schmach der Landtagswahl von 2018 sitzt tief, als Söder mit der CSU das schlechteste Wahlergebnis seit Jahrzehnten einfuhr (37,2 Prozent) und einen Juniorpartner brauchte, um überhaupt eine Regierung bilden zu können - seit 1966 erst zum zweiten Mal.
    Zwischenzeitlich sah es sogar so aus, als könnte die CSU bei dieser Landtagswahl noch weiter abrutschen. Käme es dazu, würde die Luft für Söder an der Parteispitze wohl eng werden. Allerdings: Aktuell deutet der Trend in den Umfragen eher nach oben, auf Werte um 41 Prozent. Damit könnte die CSU gemeinsam mit den Freien Wählern rechnerisch locker weiterregieren.
    Diese Trendumkehr rechnen viele Söder persönlich zu, der inhaltliche Positionen zum Teil völlig neu besetzt hat (Beispiel Corona: "Team Augenmaß" statt "Team Vorsicht") und als omnipräsenter Landesvater kaum ein Volksfest auslässt, um Bürgernähe zu demonstrieren.

    Freie Wähler kämpfen um Einfluss in der Regierung

    Die Freien Wähler - Partei für viele, die zwar konservativ, aber nicht CSU wählen wollen - kommen in den Umfragen zurzeit auf zehn Prozent. 2018 erreichten sie mit Parteichef Hubert Aiwanger mit 11,6 Prozent ihr bestes Ergebnis überhaupt.
    Aiwanger hat bereits angekündigt, dass er die Regierungsarbeit mit der CSU fortsetzen möchte - auch wenn es zwischen ihm und Söder in der Vergangenheit einige Male knirschte, etwa beim Corona-Kurs. Wie viel Prozent die Freien Wähler einfahren, dürfte entscheidend dafür sein, wie viele Forderungen sie in möglichen Koalitionsgesprächen mit der CSU durchbringen können.

    Absage an Schwarz-Grün in Bayern

    Wirkliche Alternativen als Juniorpartner bleiben Söder ohnehin kaum, so klar hat er sich inzwischen festgelegt. Insbesondere einer Koalition mit den Grünen, mit denen Söder einst flirtete, hat der CSU-Chef eine Absage erteilt.

    Schwarz-Grün ist kein bayerisches Modell und keine bayerische Option.

    Markus Söder, CSU-Chef und Ministerpräsident von Bayern

    Strategisch hat das für den CSU-Chef den Vorteil, dass er noch freier als ohnehin schon verbal gegen die Ampel-Parteien schießen kann. Attacken gegen die Bundesregierung, mit Bayern als bürgerliches Gegenmodell, werden den CSU-Wahlkampf dominieren.
    Den Ton hat Söder bereits gesetzt, zuletzt beim Auftakt der CSU-Klausur in Seeon. Von "Panne über Panne" im SPD-geführten Verteidigungsministerium sprach er da, nannte die Grünen das "größte Blackout-Risiko" für Deutschland.

    Geringe Chancen für Ampel-Regierung in Bayern

    Ernsthafte Sorgen, von einer "bayerischen Ampel" abgelöst zu werden, muss sich Söder unterdessen aktuell nicht machen. Dafür sind vor allem SPD und FDP in Bayern zu schwach. Und selbst für ein Viererbündnis mit den Freien Wählern - eine Konstellation, von der einige ganz kurz einmal geträumt hatten, die inzwischen allerdings niemand mehr für ernsthaft machbar hält - würde es nach jetzigem Stand schon rein rechnerisch nicht reichen.
    Die Grünen, zurzeit zweitstärkste Kraft im bayerischen Parlament, könnten laut Umfragen auf ein ähnliches Ergebnis kommen wie schon 2018 (17,6 Prozent) - damals ein Rekordwert. Sie treten erneut mit einem Spitzen-Duo aus Ludwig Hartmann und Katharina Schulze an, der laut Umfragen beliebtesten Oppositionspolitikerin in Bayern.

    Bayern-Wahl: FDP bangt um Einzug

    Die SPD tut sich dagegen seit Jahren in Bayern schwer, stürzte bei der vergangenen Landtagswahl auf 9,7 Prozent ab und könnte erneut nur einstellig abschneiden. Als Spitzenkandidat geht Bayern-SPD-Chef Florian von Brunn ins Rennen, der unter anderem mit mehr sozialem Wohnungsbau und einem Ausbau der Windenergie punkten will.
    Die FDP bangt derweil, ob sie überhaupt den erneuten Einzug in den Landtag schafft. Sie setzt mit Martin Hagen auf einen Spitzenkandidaten, der auch unter seiner politischen Konkurrenz als starker Redner gilt.

    AfD bei zehn Prozent

    Praktisch sicher ist der Wiedereinzug dagegen für die AfD, die sich im Wahlkampf ganz auf ihre Oppositionsrolle in Land und Bund konzentrieren kann. In Umfragen kommt sie aktuell auf zehn Prozent, wie schon 2018. Auf einen Spitzenkandidaten hat sich die Partei noch nicht festgelegt, wird dies aber vermutlich bei einem Parteitag im Frühjahr tun.
    Möglich, dass die Umfragewerte dann auch für die anderen Parteien schon wieder ganz anders aussehen. Stand jetzt aber deutet im flächenmäßig größten Bundesland bei der Wahl am 8. Oktober weniges auf eine "bayerische Zeitenwende" hin. Die Zeichen stehen auf "Weiter so", Überraschungen nicht ausgeschlossen.
    Christoph Wiesel ist Reporter im ZDF-Landesstudio Bayern.

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