Bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD ab. Das Koalitionsnavi schaut, wo es z.B. mit den Grünen inhaltlich passen würde.
Nordrhein-Westfalen wählt am kommenden Sonntag einen neuen Landtag. Derzeit regiert die CDU unter Führung von Ministerpräsident Hendrik Wüst gemeinsam mit der FDP.
Politbarometer: CDU unter Wüst knapp vor SPD
Laut Politbarometer käme die CDU auf 32 Prozent der Stimmen. Knapp dahinter liege die SPD mit Spitzenkandidat Thomas Kutschaty mit 29 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 17 Prozent. Die FDP käme lediglich auf sechs Prozent, die AfD auf sieben. Die Linke würde den Einzug ins Parlament mit drei Prozent verpassen.
Damit gäbe es eine Mehrheit für eine Koalition aus CDU und Grünen, ganz knapp reichen könnte es auch für eine rot-grüne Regierung. Und auch eine große Koalition aus CDU und SPD hätte eine - dann große - Mehrheit.
Koalitionsnavi schaut auf vier Koalitionen in NRW
Wer überhaupt mit wem inhaltlich koalieren könnte, bei welchen Parteien es inhaltliche Überschneidungen oder auch Differenzen gibt, zeigt unser Koalitionsnavi für vier verschiedene Parteienbündnisse.
"Freie Fahrt": Bei diesen Themen sind sich die Parteien zum Großteil einig.
"Baustelle": Wozu haben die Parteien unterschiedliche Vorstellungen, über die verhandelt werden muss?
"Unfallgefahr": Was sind die Fragen, bei denen Koalitionäre grundsätzlich abweichende Positionen haben, an denen Verhandlungen auch scheitern könnten?
Das Navigationstool wurde wissenschaftlich betreut vom Lehrstuhl für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen - unter der Projektleitung von Professor Andreas Blätte.
CDU - SPD
Freie Fahrt:
- Gleiche Besoldung für alle Lehrkräfte und mehr Lehrer an Schulen. Beide Parteien wollen Schulen in besonders herausfordernden sozioökonomischen Lagen stärken. Alle Kinder sollen schwimmen lernen.
- Attraktivere Pflegeberufe durch verbesserte Bezahlung, Arbeitsbedingungen, Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Förderung von Quer- und Wiedereinstieg.
- Einigkeit bei Digitalisierung: schnelles Internet und 5G überall in NRW, digitale Verwaltungsdienstleistungen des Landes und Unterstützung der Kommunen bei Digitalisierungsvorhaben.
- Wohnen: Beide Parteien wollen den Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum vor allem für Familien durch Freibeträge bzw. Kompensation der Grunderwerbssteuer unterstützen.
Baustelle:
- CDU für vielfältiges Schulsystem, sieht keinen Gegensatz von Förderschulen und Inklusion. SPD will Gesamtschulen und gemeinsames Lernen in den Fokus nehmen.
- Lehrberufe: Beide wollen Ausbildungsplatzgarantie und Azubi-Wohnheime fördern. CDU will Meisterbonus, die SPD ein günstigeres Azubi-Ticket für ÖPNV und gebührenfreie Meisterausbildung.
- Mehr Polizeistellen und attraktiveren Polizeiberuf wollen beide. CDU gegen Kennzeichnungspflicht, für Taser und Verkehrsdatenspeicherung. SPD will praxisnahe Sicherheitsforschung stärken und mehr Präsenz der Polizei vor Ort.
- Bauen: SPD will u.a. durch Neugründungen kommunaler Wohnungsunternehmen den Bau von 100.000 neuen Wohnungen, 25.000 davon mit sozialer Mietpreisbindung erreichen. CDU setzt auf Prämien für private Investoren und innovatives Bauen z.B. mit Baustoffrecycling.
- Erneuerbare Energien: CDU will bis 2030 Windenergieleistung verdoppeln und Photovoltaik vervierfachen. Anreize dafür durch finanzielle Entlastung. SPD will Aufhebung starrer Abstandsregelungen und Photovoltaikanlagen verpflichtend bei Neu- und Umbau von Gewerbeflächen.
- Beide Parteien für faire Löhne, breite Tarifbindung und starke Betriebs- und Personalräte. SPD hat Ziel der Vollbeschäftigung, will Mitarbeiter*innen stärker an Unternehmensgewinnen beteiligen, mehr Mitbestimmungsrechte und gemeinschaftlich kontrollierte Kapitalanteile.
Unfallgefahr:
- Klimapolitik: CDU will Kohleausstieg bis 2030 und bis 2045 ein klimaneutrales NRW. Entlastung von Verbraucher*innen durch Steuersenkungen auf Heizkosten, Strom und Energie sowie höhere Pendlerpauschale. SPD will an Kohlekompromisses festhalten und früheres Ausstiegsdatum abhängig vom Erreichen der beschleunigten Ausbauziele für Erneuerbare Energien machen.
- Kita-Gebühren: CDU will beitragsfreies drittes Kindergartenjahr, die SPD vollständige Gebührenfreiheit.
- CDU will für Krankenhausmodernisierung in den nächsten fünf Jahren fünf Milliarden Euro. SPD will reformierte Finanzierung, keine weiteren Schließungen von Krankenhäusern, Gewinnentnahme für private Betreiber regulieren. SPD spricht sich für Rückführung in kommunale Hand aus.
- CDU bekennt sich klar zur Schuldenbremse und will wieder haushaltspolitischen Normalität nach der Krise. SPD beziffert Investitionslücke auf 27 Milliarden und schreibt: "Haushaltskonsolidierung um jeden Preis und notwendige Investitionen passen nicht zusammen."
SPD - Grüne
Freie Fahrt:
- Beitragsfreie Bildung und Gebührenfreiheit von Kitas als Ziel. Für gemeinsames Lernen, Ausbau der Ganztagsschulen und gleiche Besoldung für Lehrkräfte.
- Mehr Polizei und attraktiverer Polizeiberuf! Grüne gegen Taser, wollen Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz fortlaufend prüfen.
- Photovoltaikanlagen als Standard auf öffentlichen Gebäuden sowie für Gewerbeimmobilien verpflichtend bei Sanierung oder Neubau. Flächen neben Autobahn und Bahnstrecken sollen genutzt werden.
- Die Haushaltskonsolidierung soll Zukunftsinvestitionen nicht unmöglich machen. Ausnahmen von der Schuldenbremse auch, um Corona-Notlage abzubauen. Lösungen für Altschulden der Kommunen als Ziel.
- Wahlrecht ab 16 Jahren und stärkere politische Beteiligung von Jugendlichen.
- Wohnen: Ausweitung von Mietpreisbremse und Kappungsgrenze. Mehr Fördermittel für sozialen Wohnungsbau. SPD will 100.000 neue Wohnungen für NRW, 25.000 jährlich mit sozialer Mietpreisbremse.
- Stahlindustrie soll klimaneutral mit grünem Wasserstoff produzieren - dafür erforderlicher Ausbau der Infrastruktur soll erfolgen, regulatorische Hürden beseitigt werden.
Baustelle:
- Grüne wollen Ökolandbau bis 2030 auf 30 Prozent steigern und verbindliches Pestizidreduktionsprogramm. SPD will Förderprogramm für Ökolandwirtschaft und Einsatz von Dünger und Pestiziden reduzieren.
- Beide Parteien wollen ÖPNV mit Mobilitätsgarantie für alle und vergünstigte Tickets für junge Menschen. SPD will langfristig solidarisch finanzierte Kosten, auf dem Weg dahin 365-Euro-Ticket.
- Lehrberufe: Beide für Ausbildungsgarantie, Azubi-Tickets und Azubiwohnheime. SPD will kostenfreie Meisterausbildung, Grüne Gebühren schrittweise abschaffen.
- Verkehr: SPD und Grüne wollen Gütertransporte von der Straße auf Schiene und Wasser verlagern. Grüne wollen Radverkehr bis 2035 auf 25 Prozent ausbauen. Grüne wollen, dass Kommunen innerorts Regeltempo auf 30 km/h setzen können.
- SPD und Grüne wollen starre Abstandsregelungen für Windenergie aufheben. Beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, verbesserte Akzeptanz durch Beteiligungskonzepte. Grüne wollen bis 2030 bis zu 80 Prozent der Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien, 2035 sollen es 100 Prozent sein.
Unfallgefahr:
- SPD will Klimaneutralität von NRW 2045 erreichen, die Grünen schon 2040 - sie wollen Klimavorbehalt für alle Landesgesetze plus Klima-Check für alle Landesförderprogramme.
- Grüne wollen Kohleausstieg vor 2030 schaffen, SPD hält am Kohlekompromiss fest - früherer Kohleausstieg nur, wenn Ziele beim Ausbau der Erneuerbaren früher erreicht sind.
- Krankenhäuser: SPD will alle Krankenhausstandorte erhalten und keine weiteren Schließungen, will Gewinnentnahme für private Betreiber regulieren und Rückführung in kommunale Hand. Grüne wollen ambulante und stationäre Versorgung integrativ planen, Notfallversorgung flächendeckend sicherstellen und spezialisierte Häuser für planbare Eingriffe.
CDU - Grüne
Freie Fahrt:
- Mehr Lehrkräfte: CDU will in fünf Jahren 10.000 neue Lehrkräfte einstellen, die Grünen alle Schulformen bedarfsgerecht mit Lehrkräften versorgen. Beide wollen multiprofessionelle pädagogische Teams und fordern Digitalpakt 2.0. Gleiches Gehalt (A13) für alle Lehrkräfte.
- NRW soll Vorreiter bei grünem Wasserstoff werden. CDU will Produktionsleistung von Wasserstoff von zwei bis drei Gigawatt bis 2030 erreichen, Grüne wollen regulatorische Hürden abbauen.
- Beide Parteien wollen flächendeckend 5G und schnelles Internet. Digitale Verwaltungsleistungen sollen Bürger*innen und Unternehmer*innen entlasten, Unterstützung von Kommunen beim Ausbau digitaler Leistungen.
- Alle Kinder sollen schwimmen lernen, Kinder- und Jugendparlamente gestärkt werden.
Baustelle:
- Kita-Beiträge: CDU will beitragsfreies drittes Kindergartenjahr, Grüne schrittweise vollständige Beitragsfreiheit, auf dem Weg dahin einheitliche Elterngeldtabellen.
- CDU und Grüne wollen, dass in NRW deutlich mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht. CDU will dafür vereinfachte Ausweisung von Bauland und Förderung von Wohneigentum. Grüne wollen Mietpreisbremse und Kappungsgrenze ausweiten, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten begrenzen und Fördermittel für sozialen Wohnungsbau erhöhen.
- CDU fordert Klimaneutralität bis 2045 und steht zu Kohleausstieg bis 2030, will Verbraucher*innen durch Steuersenkungen bei Heizkosten, Strom, Energie und einer höheren Pendlerpauschale entlasten. Grüne wollen klimaneutrales NRW vor 2040 und Kohleausstieg möglichst vor 2030 - Klimavorbehalt für alle Landesgesetze plus Klima-Check für alle Landesförderprogramme.
- ÖPNV: CDU will Busanbindung für Kommunen ab 20.000 Einwohnern und 15-Minuten Grundtakt in Ballungsgebieten. Grüne für Mobilitätsgarantie, vergünstigte Tickets für junge Menschen und kostenloses Ticket für Schüler* bis 18. CDU fordert Jobtickets auch für kleinere und mittlere Unternehmen und Seniorentickets.
Unfallgefahr:
- Schule: Grüne wollen unfreiwilliges Sitzenbleiben abschaffen und sehen gemeinsames Lernen in integrativeren Schulformen als Ideal. CDU will vielfältige, gegliederte Schullandschaft.
- Erneuerbare Energien: CDU will bis 2030 verdoppelte Windenergieleistung, steuerliche und bürokratische Entlastung von Wohnungseigentümern für beschleunigten Ausbau von PV-Anlagen. Grüne wollen für Windenergie starre Abstandregelungen abschaffen, Photovoltaikanlagen (PV) als Standard auf öffentlichen Gebäuden, PV verpflichtend bei Sanierung oder Neubau von Gewerbeimmobilien.
- Grüne wollen mehr Tierwohl, den Ökolandbau auf 30 Prozent steigern und ein verbindliches Pestizidreduktionsprogramm. Mehrkosten für die Umstellung sollen ausgeglichen werden. Auch die CDU will Ökosystemleistungen angemessen finanziell ausgleichen und faire Wettbewerbsbedingungen.
- CDU bekennt sich klar zur Schuldenbremse und will Rückkehr zu dieser haushaltspolitischen Regel. Grüne wollen Ausnahmemöglichkeiten weiter nutzen, um Corona-Notlagen weiter abzubauen. Ein Zukunftspakt soll Finanzierungsmöglichkeiten für Zukunftsinvestitionen auch außerhalb des Landeshaushalts ermöglichen.
- Innere Sicherheit: CDU für Einsatz von Bodycams und Tasern, Verkehrsdatenspeicherung und gegen Kennzeichnungspflicht. Grüne wollen Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz fortlaufend prüfen, sind gegen Ausstattung mit Tasern.
SPD - Grüne - FDP
Freie Fahrt:
- Dem Fachkräftemangel in Kitas soll u.a. durch Einsatz von Hauswirtschafts- und Verwaltungsfachkräften, durch attraktivere Arbeitsbedingungen, Weiterbildung und Aufstiegsmöglichkeiten begegnet werden.
- Alle Parteien wollen den Ausbau der offenen Ganztagsschule vorantreiben, bis 2026 mindestens 200.000 Plätze, mit verbindlichen Qualitätsstandards. Angleichung der Besoldung für alle Lehrkräfte.
- Alle Parteien setzen sich für Aufbau einer Kreislaufwirtschaft ein.
- SPD, Grüne und FDP für Wählen bei Landtagswahlen ab 16 Jahren.
Baustelle:
- Schule: FDP will Schulfach Wirtschaft weiter ausbauen, Grüne und SPD wollen Wiedereinführung des Schulfachs "Sowi". FDP sieht Schul- und Trägervielfalt im mehrgliedrigen Schulsystem als Chance. Grüne sehen Chancen des gemeinsamen Lernens, SPD setzen auf Gesamtschulen.
- Mehr Personal im Polizeidienst und attraktivere Arbeitsbedingungen. FDP will Verfassungsschutz besser aufstellen und parlamentarische Kontrolle stärken. Grüne wollen Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz fortlaufend prüfen. SPD für gemeinsame Streife von Polizei und kommunalen Ordnungsdiensten.
- Alle wollen mehr Wohnraum schaffen und soziale, mietpreisgebremste Wohnungen. FDP will hierfür zielgenauere öffentliche Förderung und innovatives Bauen. SPD will mit zusätzlichen Fördersäulen jährlich 100.000 neue Wohnungen in NRW, davon 25.000 mit sozialer Mietpreisbremse. Grüne wollen Fördermittel für sozialen nachhaltigen Wohnungsbau.
- Alle Parteien wollen NRW zum Vorreiter für grünen Wasserstoff und grünen Stahl machen. FDP setzt zunächst auf H2 unabhängig von Gewinnungsform, Grüne auf rein grünen, mit Erneuerbaren Energien gewonnenen Wasserstoff.
Unfallgefahr:
- Bei der Transformation der Wirtschaft setzt FDP auf Innovation und Technologieoffenheit, will erforderliche Investitionen auch mit der Ausweitung von Fin.Connect.NRW als Plattform zur Mobilisierung von Chancenkapital unterstützen. SPD will 30 Milliarden schweren Transformationsfonds. Grüne wollen Investitionspaket für Industrie und Planungssicherheit durch klare Regelungen und Ziele.
- Kita-Gebühren: FDP will weiteres beitragsfreies Kita-Jahr, die SPD und Grüne schrittweise vollständige Gebührenfreiheit.
- FDP für Ausstieg aus Kohleverstromung bis 2030. Grüne wollen es früher schaffen, die SPD, wenn beschleunigte Ausbauziele für Erneuerbare Energien erreicht werden.
- FDP ist entschieden gegen Aufweichen der Schuldenbremse, für transparente Mittelverwendung des Corona-Sondervermögens und schnellstmöglichen Abbau der Corona-Schulden. SPD gegen Haushaltskonsolidierung um jeden Preis, sieht massiven öffentlichen Investitionsbedarf. Grüne wollen die Ausnahmemöglichkeit der Schuldenbremse und den Corona-Rettungsschirm weiter nutzen, um die Corona-Notlage weiter abzubauen. Ein Zukunftspakt soll Zukunftsinvestitionen auch außerhalb des Landeshaushalts möglich machen.
Im Wahl-O-Mat für Nordrhein-Westfalen können Sie Ihre Ansichten mit den Positionen der Parteien vergleichen.
- NRW: Wer vertritt meine Positionen?
Am 15. Mai können rund 13,2 Millionen Bürger in Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag wählen. Doch an wen soll die Stimme gehen? Eine Orientierung kann der Wahl-O-Mat geben.