Am 15. Mai wird in Nordrhein-Westfalen der neue Landtag gewählt. Bislang sah es nach einem knappen Rennen zwischen CDU und SPD aus. Nun belastet eine Affäre die CDU.
Vor der Landtagswahl ist CDU-Ministerpräsident Wüst in Turbulenzen geraten. Nach Vorwürfen, sie habe wenige Tage nach der Flutkatastrophe auf Mallorca gefeiert, ist Umweltministerin Heinen-Esser zurückgetreten.
"Mallorca-Affäre" heißt in diesen Tagen das Thema in Düsseldorf. Die CDU-Umweltministerin ist zurückgetreten, gut einen Monat vor der Landtagswahl. Und es sieht nicht danach aus, als sei die "Mallorca-Affäre" für die CDU und ihren Ministerpräsidenten Hendrik Wüst mit dem Rücktritt der Ministerin vorbei.
Denn nicht nur die hatte auf Mallorca den Geburtstag ihres Mannes gefeiert - wenige Tage nach der Flutkatastrophe, die 49 Menschen in Nordrhein-Westfalen das Leben kostete. Sondern noch drei weitere Regierungsmitglieder, alle CDU, darunter auch die Bau- und Heimatministerin. "Wer wusste wann von dieser Mallorca-Party?" fragt nun SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty und zielt damit direkt auf Wüst.
Ministerpräsident Hendrik Wüst beliebt
Dabei lief es bislang ganz gut für Wüst. Er folgte vor gut einem halben Jahr dem glücklosen Kanzlerkandidaten Armin Laschet als NRW-Ministerpräsident im Amt. Seither gewann er an Bekannt- und Beliebtheit, auch weil er als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz öffentlich sehr präsent war.
Nun geht es um Wüsts Führungsstärke: Seine Umweltministerin hatte dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Flut nur zögernd Informationen gegeben, die Geburtstagsfeier verschwiegen und noch wenige Stunden vor der Rücktrittserklärung verkündet, sie bleibe im Amt. Und die amtierende Bauministerin wird zur Belastung im Wahlkampf.
SPD profitiert von "Mallorca-Affäre"
Der SPD kommt die "Mallorca-Affäre" gelegen, sie verspürt ohnehin Rückenwind: In Berlin regiert wieder ein sozialdemokratischer Bundeskanzler und bei der Saarland-Wahl gewann die SPD die absolute Mehrheit. In Düsseldorf will jetzt Partei- und Fraktionschef Thomas Kutschaty Ministerpräsident werden.
Regierungserfahrung hat Kutschaty, er war sieben Jahre lang Justizminister im Kabinett von Hannelore Kraft und dennoch: Vielen Menschen an Rhein und Ruhr ist Kutschaty weiter unbekannt. Wüst genießt bislang bei den Wählerinnen und Wählern höheres Vertrauen, aber: Sein Vorsprung vor Kutschaty ist jüngst geschmolzen - vor der "Mallorca-Affäre", wohlgemerkt.
Erst im Oktober hat NRW-Ministerpräsident Hendrick Wüst das Amt von Armin Laschet übernommen. Bei der Landtagswahl im Mai muss er sich den Wählern stellen. Die Konkurrenz ist jedoch groß.
Amtsbonus für Wüst und Kanzlerbonus für Kutschaty
Wüst hat bislang ganz auf den Amtsinhaber-Bonus gesetzt: "Machen, worauf es ankommt" lautet der CDU-Slogan - den Wahlkampf wollen die Christdemokraten erst Ende April eröffnen. Die SPD hingegen ist schon mittendrin, Kanzler Scholz persönlich erschien jüngst zum Wahlkampftauftakt in Kutschatys Heimatstadt Essen.
In der jüngsten Umfrage liegt die SPD auch knapp vor der CDU - allerdings liefern sich beide Parteien seit Monaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch hier gilt: Die Auswirkung der "Mallorca-Affäre" auf die Umfragewerte ist noch nicht bekannt.
Die Debatte in NRW über den Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Juli 2021 endete mit dem Rücktritt der Umweltministerin Heinen-Essen. Was bedeutet das für die kommende Wahl in NRW?
Grüne stellen Machtanspruch
Auch die Grünen treten diesmal selbstbewusst mit ihrer Landesvorsitzenden Mona Neubaur als Spitzenkandidatin an. Nun dürfte es bei Umfragewerten von rund 15 Prozent wohl kaum zur Ministerpräsidentin reichen, aber die Spitzenkandidatur untermauert einen Machtanspruch.
Denn die Grünen haben gute Chancen, der nächsten Landesregierung anzugehören - nach Ansicht der meisten Meinungsforschungsinstitute reicht es nicht mehr für das schwarz-gelbe Bündnis.
FDP setzt auf Corona-Lockerungen
Die FDP ist entschlossen weiter zu regieren und positioniert sich im Wahlkampf mit einem Lockerungskurs in der Corona-Krise. Die Partei aber trifft der Unmut von Eltern und Lehrkräften in Corona-Zeiten besonders, die Liberalen verantworten die Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen.
Und wegen des liberalen Lockerungskurses knirscht es auch öfter mit Ministerpräsident Wüst, der - anders als sein Vorgänger Laschet - eher zum Team Vorsicht gehört. Trotz solcher Unterschiede will FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp gerne weiter mit der CDU regieren.
Jamaika-Bündnis oder Ampel-Koalition denkbar
Auch die CDU nennt die FDP als künftigen Lieblingspartner. Allein: Es könnte für ein Zweier-Bündnisse zu knapp sein. Möglicherweise braucht man auch in Düsseldorf ein Dreier-Bündnis zur Regierungsbildung, Jamaika ist ebenso denkbar wie die Ampel.
Das wissen alle und alle halten sich mit Koalitionsaussagen zurück - jedenfalls soll keine Machtoption ausgeschlossen werden.
AfD isoliert und zerrissen
Die AfD ist davon ohnehin unberührt, keine Partei möchte mit ihr regieren. Zudem ist die AfD von Flügelkämpfen zerrissen und drei ihrer 16 Landtagsabgeordneten haben die Fraktion inzwischen verlassen. Dennoch hat die Partei laut Umfragen gute Chancen, wieder in den Landtag einzuziehen.
Absehbar werden also fünf Parteien auch im neuen NRW-Landtag sitzen. Welche Parteien dann aber das Land regieren und mit wem an der Spitze - das ist völlig offen.